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Archiv-Artikel

Keine steigende Geburtenrate

betr.: Elterngeld

Mit dem Elterngeld zäumt die Bundesregierung das Pferd von hinten auf und setzt die falschen Prioritäten. Ein Elterngeld hat nur dann einen Sinn, wenn es in ein bedarfsgerechtes und flächendeckendes Betreuungsangebot eingebettet ist.

Mehr Lohnersatzleistung – mehr Kinder? Diese Sichtweise ist allein schon dadurch widerlegt, dass trotz verbesserter Familienhilfen und der Erhöhung des Kindergeldes in den letzten Jahren kein Anstieg der Geburtenraten erfolgte. Die 14 Monate Lohnersatzleistung beantwortet für die Eltern nicht die Frage, wie es denn danach weitergehen soll. Wie sicher werden Arbeitsplätze sein?

Dringend erforderlich ist auch der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. Denn da sieht es, vor allem in den alten Bundesländern, noch eher dürftig aus. Beim Elterngeld stellt sich zudem die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit. Seine Bemessung soll nach den Einkommen erfolgen? Nach dem künftigen Modell gehen 300-Euro-Mamis zusammen mit 1.800-Euro-Mamis spazieren und sind darüber glücklich und zufrieden?

Es kann nicht richtig sein, wenn Ursula von der Leyen als Mustermutter der Nation oder Mutter Theresa der CDU eine eigentlich nicht zeitgemäße Geschenkpolitik für eine bestimmte Klientel betreibt und dafür noch gelobt wird. Eine Familienpolitik, welche zukunftsorientiert ist, die muss natürlich auch diese Klientel berücksichtigen. Sie darf dies aber nicht über Gebühr oder einseitig tun. Die dadurch erreichbare vertikale Gerechtigkeit geht zweifelsfrei zu Lasten der sozialen Gerechtigkeit. Und dies haben weder die Initiatorin (Renate Schmidt, SPD) noch ihre Nachfolgerin (Ursula von der Leyen, CDU) gebührend berücksichtigt. Deswegen fällt das Ergebnis in puncto „soziale Gerechtigkeit“ so verheerend aus.

HELMUT SCHMIDT, Baltersweiler

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