■ Olympia: Diepgen und die Fakten: Keine Zeit für Emotionen
Bei der letzten Pressekonferenz der Berliner in Monte Carlo kam Eberhard Diepgen gestern noch einmal ins Straucheln. Ein betagter französischer Journalist bekannte vor der Weltpresse, er habe jetzt schon Angst vor einem zu mächtigen Deutschland. Er frage sich, wie das erst in sieben Jahren sein werde, wenn Deutschland wahrscheinlich an wirtschaftlicher und politischer Potenz gewonnen habe. Antwort Diepgen: „Das ist hier kein Zeitpunkt, Emotionen zu diskutieren.“ Es gehe um Fakten, nicht um Gefühle. Deutschland sei ein Teil Europas, wenn Deutschland erstarke, erstarke automatisch auch Europa. Diepgen wörtlich: „Deutschland hat ein Recht darauf, als Partner akzeptiert zu werden.“ In der französischsprachigen Presse kommen solche Äußerungen des Regierenden Bürgermeisters nicht gut an. Bereits am Sonntag hatte es sich Diepgen verscherzt, als er auf die Frage nach dem unsicheren Finanzierungskonzept entgegnete: „Sie glauben doch nicht etwa, daß Deutschland die Olympischen Spiele nicht hinbekommt?“
Seinen Optimismus hat Eberhard Diepgen auch in Monaco nicht verloren: „Das IOC ist immer für Überraschungen gut.“ Da werde das Fell einiger verkauft, die sich noch bester Gesundheit erfreuten, spekulierte der 52jährige im Hinblick auf die Favoriten Sidney und Peking. Im übrigen rechnet er mit mehreren Wahlgängen. Dabei komme es darauf an, ob Manchester, Berlin oder Istanbul die europäische Karte am besten zu spielen verstünden. Am liebsten wäre es Diepgen, wenn Peking frühzeitig ausscheide, denn die Asiaten würden bestimmt nicht auf ihren schärfsten Konkurrenten Sidney setzen. Und was ist, wenn Berlin, wie es IOC-nahe Journalisten behaupten, sang- und klanglos verliert? Diepgen: „In meiner theoretischen Beschäftigung mit dem Sport habe ich gelernt, daß es nicht darauf ankommt, sich vor dem Spiel Gedanken über eine eventuelle Niederlage zu machen.“ Cornelia Heim, Monte Carlo
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