: Keine Noten-Zeugnisse, dafür Punkte
Schulsenatorin legt Konzept für Primarschule vor. Test in Klasse 6 soll mit über weitere Laufbahn entscheiden. Anforderung an Gymnasialberechtigung soll nicht erhöht werden. Einschulung künftig zweimal im Jahr möglich
Vieles, nicht alles ist klarer geworden, als Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) am Montag im Rathaus die Rahmenkonzepte für die Primarschule, Stadtteilschule und das Gymnasium vorlegte. Sie konnte noch nicht die Kriterien nennen, nach denen am Ende der sechsjährigen Primarschule die Gymnasialberechtigung vergeben wird. Aber sie sicherte zu, dass die Hürden gegenüber der heutigen Übergangsregelung von Klasse 6 nach 7 am Gymnasium nicht erhöht werden. Auf die Frage, was ein Kind künftig können muss, um dies zu schaffen, sagte Goetsch: „Genauso viel wie heute.“
Für die Bewertung der Schülerleistung wird ein ganz neues Verfahren eingeführt. Um den Kindern gerecht zu werden, findet die Einschulung künftig zwei Mal im Jahr statt. Von Ziffernnoten, die es heute noch ab Klasse 3 gibt, werden künftige Primarschüler bis Klasse 6 verschont. Statt dessen führen Lehrer und Schüler zweimal im Jahr „Lernentwicklungsgespräche“, die in einer schriftlichen Lernvereinbarung mit den Schülern münden. Statt Zeugnissen gibt es „Lernentwicklungsberichte“, die detailliert aufführen, was das Kind kann und welche Fortschritte es machte.
Allerdings findet sich in diesen Papieren am Ende von Klasse 4, 5 und 6 auch die Einordnung in Kompetenzniveaus wieder, die durch ein Punktesystem dargestellt wird. Welche Skala dieses System umfasst oder wie viele Punkte für die Gymnasiumsberechtigung nötig sind, konnte Schulamtsleiter Norbert Rosenboom nicht sagen: „Wir sind noch in der Festlegung.“ Orientierung sollen die Bildungsstandards sein, die die Kultusminister für Deutsch, Mathematik und Englisch entwickelt haben.
Die Entscheidung über die Laufbahn nach Klasse 6 soll aus drei Elementen entstehen. Das erste sind die erreichten Punkte. In mindestens zwei der drei Fächer Deutsch, Mathe und Englisch müssen – noch festzulegende – Kompetenzen erreicht werden. Hinzu kommen „empirisch belastbare Tests“, die von der Behörde entwickelt und zeitgleich in allen sechsten Klassen angewandt werden. Erst als drittes Element kommt die Einschätzung der Lehrer hinzu.
Ab Klasse 5 gibt es wahlweise eine zweite Fremdsprache. Dies kann bei Schülern mit Migrationshintergrund auch ihre Herkunftssprache, etwa Türkisch, sein. Diese Leistung kann anstelle von Englisch in die Laufbahnentscheidung einfließen.
Der Landesschulbeirat hatte kürzlich angeregt, die zweite Fremdsprache auf Klasse 7 zu verschieben. Doch Goetsch bleibt dabei, damit in Klasse 5 zu beginnen. Jede Primarschule soll neben Englisch mindestens eine zweite Sprache anbieten, und in jeder der 22 Schulregionen soll es je ein Gymnasium und eine Stadtteilschule geben, die diese fortführen. Allerdings darf die zweite Sprache keine Voraussetzung für einen Gymnasialbesuch sein. „Mit der Wahl der Primarschule gibt es somit keine Vorentscheidung für die spätere Wahl der weiterführenden Schule“, heißt es im Konzept.
Ein neues diagnostisches Verfahren soll auch den Übergang in die Oberstufe regeln. Das Abitur an Stadtteilschule und Gymnasium sei gleichwertig, versicherte Goetsch, da durch das gleiche Zentralabitur geprüft. Außerdem soll in jeder Region ein „Übergangsmanagement Schule Beruf“ eingerichtet werden.
Die Linke-Abgeordnete Dora Heyenn riecht in dem Konzept „Duftmarken der CDU“. Nach wie vor sind Primarschulen auf dem Gelände eines Gymnasiums möglich. Es sei Wunschdenken, zu glauben, dass diese Schüler nicht bevorzugt aufgenommen würden, sagt sie. Auch sei die Wahl einer zweiten Sprache wie Latein „gewiss Präjudiz für die weitere Schullaufbahn“.
Der SPD-Abgeordnete Ties Rabe bemängelte, Goetsch habe die Raumprobleme der Schulen nicht gelöst. Jede zweite Grundschule sei zu klein für einen Primarschulstandort, so dass die Kinder den Schulort wechseln müssten. Die Elternkammer begrüßte das neue System der Leistungsrückmeldung. Dies sei ein Meilenstein, der dazu führe, dass die „Entwicklung des einzelnen Schülers im Zentrum steht“.
KAIJA KUTTER