Keine Nachteile bei Erbschaftssteuer: Stärkung der Homo-Rechte
Die Benachteiligung Homosexueller bei der Erbschaftssteuer verstößt gegen das Grundgesetz. Das entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
KARLSRUHE apn | Homosexuelle Lebenspartner dürfen bei der Erbschaftssteuer nicht gegenüber heterosexuellen Ehepaaren benachteiligt werden. Das sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Grundsatzbeschluss. Eine Schlechterstellung beim Freibetrag und beim Steuersatz verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
Damit gab das oberste Gericht der Verfassungsbeschwerde eines Mannes und einer Frau statt, deren Lebenspartner im August 2001 beziehungsweise im Februar 2002 starben. In beiden Fällen setzte das Finanzamt die Erbschaftssteuer nach einem Steuersatz der Klasse III fest und gewährte den geringsten Freibetrag. Die hiergegen erhobenen Klagen blieben jedoch vor den Finanzgerichten ohne Erfolg.
Das Verfassungsgericht entschied, dass die Privilegierung der Ehegatten gegenüber den Lebenspartnern im Recht des persönlichen Freibetrags sich nicht allein mit dem besonderen staatlichen Schutz von Ehe und Familie rechtfertigen lasse. Diese lebten wie Ehegatten in einer "auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft", die wie die Ehe eine gegenseitige Unterhalts- und Einstandspflicht begründe. Auch sie ihnen komme bereits zu Lebzeiten das Vermögen ihres eingetragenen Lebenspartners zugute und erwarteten, den gemeinsamen Lebensstandard im Falle des Todes des Lebenspartner halten zu können.
Es finde sich auch kein hinreichender Unterscheidungsgrund dafür, dass eingetragene Lebenspartner der Steuerklasse III die höchsten Steuersätze, Ehegatten der Steuerklasse I dagegen die niedrigsten Steuersätze hätten. Wie beim Freibetrag gelte auch hier, dass die Unterschiede zwischen der Ehe und der Lebenspartnerschaft keine Schlechterstellung der Lebenspartner in der Steuerklasseneinteilung tragen würden. Die entsprechende gesetzliche Regelung, die von Februar 2001 bis Dezember 2008 galt, sei mit dem Grundgesetz unvereinbar.
Die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs wurden mit der Entscheidung aufgehoben und an diesen zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Der Gesetzgeber muss bis zum 31. Dezember dieses Jahres eine Neuregelung für die vom Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz betroffenen Altfälle finden.
Denn mit dem Erbschaftssteuerreformgesetz von 2008 wurden zwar die Vorschriften zugunsten der Lebenspartnerschaft von Homosexuellen geändert. Dabei wurden der persönliche Freibetrag und der Versorgungsfreibetrag für erbende Lebenspartner und Ehegatten gleich bemessen. Allerdings werden eingetragene Lebenspartner weiterhin wie entfernte Verwandte und Fremde mit den höchsten Steuersätzen besteuert. Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2010 vom Juni dieses Jahres ist eine vollständige Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht - und damit auch in den Steuersätzen - beabsichtigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett