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Keine Lust auf Spekulantenschutz

Die Hamburger Polizei diskutiert die Wohnungsnot und ihre Rolle / Von dem Gefühl der Beamten, mißbraucht zu werden  ■  Von Axel Kintzinger

Hamburg (taz) - Dirk Reimers nahm die Veranstalter gleich zu Beginn in Schutz: „Bevor Sie das Motto 'Polizei als Büttel von Spekulanten und Schlafmützen?‘ kritisieren - es stammt von mir.“ Reimers ist der Hamburger Polizeipräsident, und die rund 250 Zuhörer waren seine Untergebenen, Beamte aus hohen und mittleren Rängen. Auf Einladung der Landespolizeischule diskutierten sie ein Thema, das nicht nur politisch von größter Brisanz ist.

Wenn Immobilien-Haie ihre Altbauhäuser modernisieren und zu diesem Zweck die Altmieter hinauswerfen wollen, wenn leerstehender Wohnraum von zumeist jungen Leuten besetzt wird, ist in der jüngsten Zeit ein immer größer werdendes Polizeiaufgebot notwendig geworden. Die Beamten kommen dabei aber zunehmend in eine Legitimationskrise. Der Hinweis auf die Rechtslage kommt bei ihnen kaum noch an. Stehen sie doch in einer ähnlichen Situation wie die Besetzer: geringes Einkommen und kaum eine Chance, in Hamburg eine akzeptable Wohnung zu bekommen, „die haben häufig Verständnis für die andere Seite“.

Ein einschneidendes Erlebnis besonderer Art hatten mehrere hundert Polizisten in der vorletzten Woche. Da wollte ein Immobilienhändler im Norden St.Paulis seine von Alternativen und Punks bewohnten Häuser räumen lassen. Wegen Zwischenfällen in der Vergangenheit rückten der Besitzer und sein Gerichtsvollzieher mit einem uniformierten Großaufgebot an, das die umliegenden Straßen ab sieben Uhr morgens sperrte. Doch der Hausbesitzer, der die Bauten modernisieren und teurer vermieten möchte, überlegte es sich anders und schob die Aktion auf. Der Großeinsatz geriet zur Disziplinierungsmaßnahme für die bunten Bewohner. Da war das Maß nicht nur für die Polizisten voll, selbst Innensenator Werner Hackmann wurde stinksauer. „Man hat das ungute Gefühl, mißbraucht zu werden“, formulierte ein Polizeilehrer am Dienstag die Folgen.

Die Polizisten wollen über die Hintergründe der Einsätze besser informiert werden, von denen sie schon lange meinen, daß sie nur dem Auslöffeln einer Suppe dienen, die Politiker ihnen eingebrockt haben. Sie lassen sich auch gerne von einem ihrer Kritiker aufklären. Herbert Brinkmann, Geschäftsführer der alternativen Stattbau GmbH berichtete vor ungewohntem Publikum über die geringen rechtlichen Möglichkeiten, Spekulanten in die Parade zu fahren. Die Ratlosigkeit der Polizei konnte er nicht beheben. Bei den Uniformierten macht sich aber immerhin Nachdenklichkeit breit - und ein Hauch von Glasnost. Und daß bei solchen Diskussionen die Öffentlichkeit zugelassen wird, ist neu in Hamburg.

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