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Keine Liebesbriefe für den Bundespostminister

■ Harte Kritik an geplantem Postgesetz: Lambsdorff (FDP) will schnellere Liberalisierung, Gewerkschaft und SPD fordern mehr Monopol und Arbeitsplätze

Bonn (dpa) – Der Bonner Koalition steht ein heftiger Konflikt um die Zukunft der Postmonopole ins Haus. Die FDP lehnte am Mittwoch den Entwurf von Postminister Wolfgang Bötsch (CSU) für ein Postgesetz ab, in dem das Briefmonopol der Post bis Ende 2002 erhalten bleiben soll. Für die FDP forderte Otto Graf Lambsdorff den vollen Wettbewerb ab 1998. Mit der FDP werde es keine „Halbheiten geben“. Bötsch stellte seinen bereits vorab bekanntgewordenen Entwurf gestern offiziell vor.

Scharfe Kritik übte auch die Deutsche Postgewerkschaft (DPG). Ihr geht der Wettbewerb allerdings zu weit. Der Fall des Briefmonopols bedrohe „Zehntausende sozial abgesicherte Arbeitsplätze bei der Deutschen Post AG“, sagte DPG-Chef Kurt van Haaren. Gefördert würden dagegen nur „Turnschuhbrigaden und Scheinselbständigkeit bei anderen Zustelldiensten“. Auch die Versorgung aller Bürger mit Brief- und Paketdiensten sei in Gefahr.

Die Deutsche Post AG vermißt vor allem einen Schutz gegen das Remailing, das Versenden von Inlandspost über billigere Postfirmen im Ausland. Dies koste die Post Milliarden (siehe Kasten Seite 7). Bötsch meinte dagegen, das Problem könne nur mit internationalen Vereinbarungen gelöst werden.

Das Postgesetz soll 1998 in Kraft treten. Bötsch sieht für die Post eine bis Ende 2002 befristete Exklusivlizenz für Briefe vor, die leichter als 350 Gramm und billiger als 5,50 Mark sind. Dieses Monopol umfasse rund 98 Prozent aller Briefe. In allen anderen Bereichen soll es Wettbewerb geben, ab 1998 auch bei allen Massensendungen. Dort ist das Monopol bisher auf Sendungen bis 100 Gramm begrenzt.

Die SPD fordert dagegen ein unbefristetes Monopol für Briefe und Massensendungen bis 100 Gramm. Damit soll die Post eine umfassende Grundversorgung finanzieren. Dazu gehöre auch, daß jeder Bürger im Umkreis von 2.000 Metern eine Postfiliale erreichen kann. Nach Angaben von Bötsch umfaßt der Monopolbereich nach SPD-Vorstellung rund 95 Prozent aller Briefe und Massensendungen. Die Zahl der Postfilialen will er nicht im Gesetz festschreiben.

Bötsch will die Pflicht zur Grundversorgung zunächst auf Briefe beschränken. Dafür sollen auch Preisobergrenzen festgelegt werden. Ob weitere Basisleistungen verlangt werden, sei noch offen. Beispiele wollte Bötsch nicht nennen.

Die DPG forderte Länder und Opposition auf, den Gesetzentwurf zu stoppen. Dem Postgesetz muß auch der Bundesrat zustimmen. Der Entwurf wurde nun an die Ressorts und Verbände verschickt, bevor er im Kabinett beraten und den Parlamenten zugeleitet wird.

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