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Archiv-Artikel

Keine Frage der Moral

Wenn ein IM der Stasi und ein Israeli an der Mauer bauen

VON UWE RADA

Darf ein IM der Staatssicherheit auf dem ehemaligen Todesstreifen bauen? Die nun auch offiziell bekannt gegebene Stasi-Tätigkeit des Investors Maik Uwe Hinkel, der zwischen East Side Gallery und Spree ein Luxuswohnhaus baut, wird die Frage neu aufwerfen.

Einige DDR-Opferverbände haben bereits Proteste angekündigt. Doch gibt es wirklich gute Investoren und schlechte Investoren an einem Ort wie diesem? Wäre das Luxuswohnhaus weniger kritikwürdig, würde es nicht der IM Hinkel bauen, sondern bloß das Mitglied der Partei der Linken, das Hinkel ebenfalls ist?

Die Logik der Verwertung

Vielleicht hilft ein Blick auf das Nachbargrundstück bei der Debatte weiter. Das Hotel, das ein israelisches Investorenkonsortium bauen will, soll nun neun statt sieben Stockwerke hoch werden. Die perfide Begründung: Wowereits Kompromiss, die Erschließung auf nur einen Durchlass an der denkmalgeschützten East Side Gallery zu beschränken, habe den Bau teurer gemacht.

Die Logik, mit der der Investor den Bezirk – und auch den Senat als letzte Instanz – überrumpeln will, ist die der Vermehrung des eingesetzten Kapitals. Es ist die gleiche Logik, der auch das Living Levels folgt. Der Standort, der ehemalige Todesstreifen, spielt bei dieser Logik ebenso wenig eine Rolle wie die Herkunft oder das Sündenregister eines Investors.

Die Clubcommission, die den Protest gegen den Teilabriss der East Side Gallery angestoßen hat, hat zwar immer von einem symbolischen Ort gesprochen. Die Stasi-Gerüchte um Hinkel, die nun amtlich sind, haben die Clubbetreiber aber eher vorsichtig kommentiert. Das ist richtig, denn Moral spielt bei der Genehmigung eines Bauvorhabens keine Rolle. Ganz im Gegensatz übrigens zu den Käufern der Luxuswohnungen. Die müssen sich schon fragen, wen sie mit ihrem Geld reich machen – und ob sie das wollen,

Umso mehr Gewicht kommt der Politik zu. Bekommt das Hotel zwei Stockwerke mehr, wäre das eine Lösung à la Wowereit: Augen zu und durch. Ein bisschen mehr Standhaftigkeit hätte die East Side Gallery verdient.