piwik no script img

Keine Fortschritte beim Libyen-EinsatzWachsende Kritik in den USA

Während die Nato weiter Ziele in Tripolis bombardiert, wächst in den USA der Unmut über den sich hinziehenden Einsatz in Libyen. Schließlich wurde er ohne das Parlament beschlossen.

Auch der ein oder andere Libyer ist mit Obamas Engagement nicht einverstanden. Bild: dpa (Archivaufnahme aus dem April)

WASHINGTON/TRIPOLIS afp/dapd/dpa | US-Präsident Barack Obama soll sich nach dem Willen mehrerer einflussreicher Abgeordneter vor dem Kongress wegen des Einsatzes in Libyen rechtfertigen. Der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, legte am Donnerstag in Washington eine Resolution vor, in der von Obama innerhalb von zwei Wochen eine Erklärung zu Libyen gefordert wird.

Vor allem soll der Präsident erklären, warum er nicht die Abgeordneten befragt habe, bevor er der Beteiligung der US-Streitkräfte an den internationalen Luftangriffen auf Libyen zustimmte. Über die Resolution soll am Freitag im Repräsentantenhaus abgestimmt werden.

Auch bei Obamas Demokraten regt sich zunehmend Widerstand gegen die Libyen-Strategie des Präsidenten. Viele befürchten eine langfristige Bindung der US-Streitkräfte in der Mission. Deshalb soll Obama der Resolutionsvorlage zufolge bei seiner Erklärung vor dem Kongress auch konkrete Aussagen "zur Länge und zum Ausmaß" des Einsatzes machen.

Die NATO fliegt seit Mitte März fast täglich Einsätze gegen Ziele in Libyen. Auch in der Nacht zum Freitag wurden wieder Stellungen in der Hauptstadt Tripolis bombardiert. Nach einer Sitzung des NATO-Rats in Brüssel hatte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch bekanntgegeben, dass das Bündnis den Einsatz um drei Monate bis Ende September verlängern werde.

Mindestens zehn Luftangriffe in dieser Nacht

Die Nato hat in der Nacht zum Freitag mindestens zehn Luftangriffe im Großraum Tripolis geflogen. Vier Ziele befanden sich in der Nähe der Residenz von Machthaber Muammar al Gaddafi, verlautete aus libyschen Regierungskreisen. Sechs weitere Angriffe galten einer Polizeiwache und einem Militärstützpunkt in Hera und Asisija in der Nähe der Hauptstadt.

Unterdessen wurde eines der prominentesten mutmaßlichen Opfer des Gaddafi-Regimes aus dem Golfstaat Katar nach Libyen abgeschoben. Imad al Obeidi hatte Journalisten am 26. März von ihrer Vergewaltigung durch Soldaten des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi berichtet. Danach wurde sie vor laufenden Kameras von Wachleuten weggeschleppt.

Al Obeidi flüchtete zunächst nach Tunesien und später nach Katar, von wo sie nun in die libysche Rebellenhochburg Bengasi abgeschoben wurde. "Wir laden sie ein zu bleiben - das ist ihr Land", sagte ein Sprecher der Aufständischen, Dschalal al Gallal.

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) verurteilte die Abschiebung al Obeidis. Sie sei "ein anerkannter Flüchtling und es gibt keinen Grund für ihre Abschiebung", sagte UNHCR-Sprecherin Sybella Wilkes. Ein Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, sagte, die USA beobachteten den Fall und wolle helfen, die Sicherheit al Obeidis zu gewährleisten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • ZB
    Zbigniew Brzezinski am 28.04.2011: Verhindern das Gaddafi zu bedeutenden antiwestlichen Leader wird...

    Während die prowestlichen arabischen Scheichs bzw. Golfdiktaturen Palmeninseln für die Superreichen sowie Beton und Glaspaläste aus dem Boden stampfen, verwendete Gaddafi das Geld für gigantische Bewässerungsprojekte, finanzierte die afrikanischen Entwicklungsbank welche die afrikanischen Länder unabhängig von IWF und Weltbank hätte machen können, verwirklichte umfangreiche Sozialprogramme inklusive kostenloser Gesundheitsversorgung und kostenloser Bildung, finanzierte sogar das Auslandsstudium seiner Bürger, führte riesige Wohnungsbauprojekte durch... um was es dem Westen wirklich geht, sagte der westliche Stratege Zbigniew Brzezinski (US-Regierungsberater schon seit den 60er Jahren) am 28.4.2011 in einem Interview mit dem Tagesspiegel: Er sprach sich für eine militärische Intervention der NATO gegen Libyen aus, indem er sagte: “Ich war der Meinung, es sei unter den gegebenen Bedingungen besser, zu intervenieren, als Gaddafi die Kontrolle über Libyen zu überlassen und ihm so die Möglichkeit zu geben, zum bedeutendsten antiwestlichen Leader der arabischen Welt aufzusteigen.“

  • M
    Maik

    "Und unsere Bundesregierung will unbedingt, auf Teufel komm raus, an der Macht bleiben, und stilisiert sich, mit der Angst vor verlorenen Landtagswahlen, gekonnt zur Friedenspartei." Die Alternative wäre die von der SPD, den Grünen und der taz geforderte Beteiligung am Krieg. Da ist mir Merkel mit ihrer Position diesesmal tausendfach näher.

  • HK
    Henner Kroeper

    Bedauerliocher Weise schläft das Interesse an der technokratischen Schlachthausaktion der Nato, zu der auch Deutschland gehört, ein, oder alle anderen Kommentarschreiber sitzen schon in Untersuchungshaft. Bitte nicht vergessen, koordiniert und gelenkt werden die Bombeneinsätze (Mord) von Stuttgart.

     

    Leute geht auf die Strasse, wenn es so weitergeht werdet ihr bald keine Zeit mehr haben, radioaktiv verstrahlt zu werden, sondern Opfer einer politischen Strömung sein, an deren Spitze dann Drecksratten a la France unser schönes Europa endgültig, zur Freude der US Liberalisierer, zur Sau machen.

  • HK
    Henner Kroeper

    Die Republikaner sind wie unsere Bundesregierung, um für sich Nutzen aus einer

    Angelegenheit zu ziehen vertreten sie offiziell sogar eine Ihren politischen Ambitionen widersprechende Position.

    Die Republikaner sind ja für das Bomben in jeder Hinsicht, aber wenn man dem ungeliebten politischen Gegner damit ein Haxl stellen kann dann beainsprucht man auch diese Position. Und darf Es darf auch nicht an Ihren Geldbeutel gehen. Wenn es ganz glatt läuft, dann bezahlen die Bombardierten die auf sie fallenden Bomben auch noch selber.

    Im Falle Libyebs könnte das sogar zutreffen. Unwahrscheinlich brutal.

     

    How Goldman Sachs Made Libya's $1 Billion Investment Disappear

     

    Und unsere Bundesregierung will unbedingt, auf Teufel komm raus, an der Macht bleiben, und stilisiert sich, mit der Angst vor verlorenen Landtagswahlen, gekonnt zur Friedenspartei.

     

    Der Bericht an und für sich enthält wieder nur Widersprüchlichkeiten, abgesehn davon das ein Fortbestand eines Libyen mit Gaddafi der Albtraum der Lügenbeutel a la Sarkotzy und Cameron und vieler anderer ist, da dadurch ihr intrigantes Netz finanzieller Machenschaften herauskäme, und die Massen anderer Erdölstaaten vielleicht auch ein bisschen am Wohlstand durch Resourzen, nicht nur durch den Anblick 800 Meter hoher Gebäude, sondern auch durch ein angenehmes Leben, teilhaben wollen.