Keine Fortschritte beim Libyen-Einsatz: Wachsende Kritik in den USA
Während die Nato weiter Ziele in Tripolis bombardiert, wächst in den USA der Unmut über den sich hinziehenden Einsatz in Libyen. Schließlich wurde er ohne das Parlament beschlossen.
WASHINGTON/TRIPOLIS afp/dapd/dpa | US-Präsident Barack Obama soll sich nach dem Willen mehrerer einflussreicher Abgeordneter vor dem Kongress wegen des Einsatzes in Libyen rechtfertigen. Der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, legte am Donnerstag in Washington eine Resolution vor, in der von Obama innerhalb von zwei Wochen eine Erklärung zu Libyen gefordert wird.
Vor allem soll der Präsident erklären, warum er nicht die Abgeordneten befragt habe, bevor er der Beteiligung der US-Streitkräfte an den internationalen Luftangriffen auf Libyen zustimmte. Über die Resolution soll am Freitag im Repräsentantenhaus abgestimmt werden.
Auch bei Obamas Demokraten regt sich zunehmend Widerstand gegen die Libyen-Strategie des Präsidenten. Viele befürchten eine langfristige Bindung der US-Streitkräfte in der Mission. Deshalb soll Obama der Resolutionsvorlage zufolge bei seiner Erklärung vor dem Kongress auch konkrete Aussagen "zur Länge und zum Ausmaß" des Einsatzes machen.
Die NATO fliegt seit Mitte März fast täglich Einsätze gegen Ziele in Libyen. Auch in der Nacht zum Freitag wurden wieder Stellungen in der Hauptstadt Tripolis bombardiert. Nach einer Sitzung des NATO-Rats in Brüssel hatte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch bekanntgegeben, dass das Bündnis den Einsatz um drei Monate bis Ende September verlängern werde.
Mindestens zehn Luftangriffe in dieser Nacht
Die Nato hat in der Nacht zum Freitag mindestens zehn Luftangriffe im Großraum Tripolis geflogen. Vier Ziele befanden sich in der Nähe der Residenz von Machthaber Muammar al Gaddafi, verlautete aus libyschen Regierungskreisen. Sechs weitere Angriffe galten einer Polizeiwache und einem Militärstützpunkt in Hera und Asisija in der Nähe der Hauptstadt.
Unterdessen wurde eines der prominentesten mutmaßlichen Opfer des Gaddafi-Regimes aus dem Golfstaat Katar nach Libyen abgeschoben. Imad al Obeidi hatte Journalisten am 26. März von ihrer Vergewaltigung durch Soldaten des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi berichtet. Danach wurde sie vor laufenden Kameras von Wachleuten weggeschleppt.
Al Obeidi flüchtete zunächst nach Tunesien und später nach Katar, von wo sie nun in die libysche Rebellenhochburg Bengasi abgeschoben wurde. "Wir laden sie ein zu bleiben - das ist ihr Land", sagte ein Sprecher der Aufständischen, Dschalal al Gallal.
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) verurteilte die Abschiebung al Obeidis. Sie sei "ein anerkannter Flüchtling und es gibt keinen Grund für ihre Abschiebung", sagte UNHCR-Sprecherin Sybella Wilkes. Ein Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, sagte, die USA beobachteten den Fall und wolle helfen, die Sicherheit al Obeidis zu gewährleisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört