: Kein leichter Weg in die Freiheit
Mandelas Freilassung scheint beschlossene Sache / Schwarzen Führern der 80er Jahre droht Haft ■ Von Shaun Johnson
Die südafrikanische Oppositionszeitung 'Weekly mail‘ ist bis Ende November verboten worden. Die taz veröffentlicht Artikel von 'Weekly-mail'-Redakteuren, die in Südafrika nicht erscheinen können.
Wenn wir uns wirklich dem magischen Datum nähern, an dem Mandela freigelassen wird, dann böte diese Woche eine außergewöhnliche historische Symmetrie für den südafrikanischen Widerstand: Die Antiapartheid-Führer der fünfziger Jahre kämen zu eben dem Zeitpunkt aus dem Gefängnis, an dem der Prozeß gegen ihre Nachfolger aus den achtziger Jahren seinem Ende zugeht.
Mandela und seine Kollegen werden natürlich nicht in dieser Woche freigelassen werden. Denn zum einen weisen jene, die den weißen Führern Südafrikas Rationalität zusprechen, auf die Tatsache hin, daß es für die National Party ein unglaublicher politischer Fehler wäre, eine unbekannte Größe wie Mandela vor den allgemeinen weißen Wahlen im nächsten Jahr freizulassen.
Niemand in der Regierung kann sich ernsthaft der Illusion hingeben, daß ein solcher Schritt nicht sehr riskant wäre. Mandela wird freigelassen werden, weil und sobald es politisch zu kostspielig wird, ihn im Gefängnis zu halten. Vor den auf Jahre hinaus wichtigsten Wahlen wäre die Freilassung ein „Wahlgeschenk“ an Dr. Treurnichts Konservative Partei: Das ergibt schlicht keinen Sinn.
Dennoch scheint Mandelas Freilassung grundsätzlich beschlossene Sache zu sein. Es ist nur noch eine Frage des Zeitpunkts und der Vorgehensweise. Wie immer das Ergebnis genau aussehen mag, es ist sicher, daß eine Epoche der Gefängnishaft für schwarze Führer zu Ende geht, während eine andere beginnt.
Zwei Punkte sind in der gegenwärtigen Situation hervorzuheben.
Zunächst einmal gab es nie zuvor eine Freilassung von ähnlichem Gewicht wie die Mandelas - weil es nur einen Mandela gibt.
Zweitens: Die Freilassung bedeutet einen sehr wichtigen Einschnitt für die Zukunft des Widerstands, signalisiert aber nicht die Kapitulation Pretorias. Es gibt einen politischen Witz, der zur Zeit unter den Aktivisten in Südafrika die Runde macht: „Wir werden die RMC (Freiheit für Mandela-Kampagne) nicht beenden, wenn Genosse Mandela rauskommt.“ „Warum nicht?“ „Weil sie als Freiheit-für-Molefe -Kampagne weitergehen muß.“ Mandelas Parole lautet seit 25 Jahren: „Es gibt keinen leichten Weg in die Freiheit.“ Sie hat nichts von ihrer Wahrheit verloren.
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