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NachbarschaftKein Recht auf Friedhofsruhe

■ Burglesumer klagen gegen Bauwagen-Leben – vor Gericht ohne Erfolg

Was war das für eine muntere Vorweihnachtszeit, letztes Jahr im sonst eher beschaulichen Burglesum. Kaum war durchgesickert, daß ein Teil der Weidedamm-BewohnerInnen auf das Lesumer Friedhofs-Vorhaltegelände umziehen sollte, da brach der Sturm der Entrüstung los. „Ein Zigeunerlager“ entstünde da, hatte damals ein SPD-Beiratsmitglied in eine aufgeheizte Versammlung gerufen – und donnernden Applaus geerntet. Lieber gar nicht erst mit denen reden, das war der ganz große Konsens von Beiräten (bis auf die Grünen) und AnwohnerInnen. Genützt hat es ihnen nichts: Der Verein Grüner Weidedamm ist umgezogen. Seitdem hörte man nichts mehr davon – bis jetzt.

Zwei haben nämlich geklagt gegen die „Errichtung eines Waschraumes mit Entwässerungsgruben sowie zur Errichtung von diversen Bauwagen und diversen Behelfsbauten zu Wohnzwecken“. Das ist noch längst nicht entschieden, aber dafür haben sie nochmal nachgelegt. Diese Nachbarn seien unerträglich, weil erstens ist es zu laut und zweitens der Verkehr und drittens ist eingebrochen worden und viertens überhaupt. Dabei wohnt der eine Kläger 150 Meter, der andere gar 900 Meter vom Bauwagengelände entfernt.

Wohnen in der Nähe der Bauwagen, das muß die Hölle sein. „Mehrfach“ habe einer der Anwohner „Lärmbeeinträchtigungen durch Motorrad- bzw. Mopedgeknatter und Stimmen hinnehmen müssen“, referiert das Verwaltungsgericht. Und „es sei während des Sommers zu etlichen Grillabenden mit Musik und Geräuschen des Wohlbefindens gekommen.“ Welcher Art Nachbarschaft man sich in Lesum wünscht, verschwiegen die Kläger nicht: „Bei der rechtlich vorgesehenen Friedhofsnutzung könnte es niemals zu solchen Geräuschquellen kommen.“ Zudem: Seit die Bauwagenleute auf dem Friedhof wohnten, sei in der angrenzenden Siedlung fünfmal eingebrochen worden.

So ganz mochte das Gericht dieser Argumentation nicht folgen. Schließlich sei es erlaubt, in der Nachbarschaft von Wohngebieten Sportanlagen oder Einrichtungen für soziale Zwecke zu bauen, hielt das Gericht den KlägerInnen vor. Lauter als ein Fußballplatz seien die Bauwagenleute nun nicht. Daß auf der Fläche ein Friedhof geplant sei, das sei wohl richtig, aber: „Es ist nicht erkennbar, daß diese Festsetzung gerade im Hinblick auf ein nachbarrechtliches Austauschverhältnis, etwa wegen dem speziell für die angrenzende Wohnbebauung bestehenden Bedürfnis nach Ruhe-, Grün- oder Erholungsflächen getroffen werde.“ Soll heißen: Kein Recht auf Friedhofsruhe hinterm Gartenzaun. Und was die Einbrüche angeht: „Die allgemeine Gefahr, Opfer eines Eigentumsdelikts (...) zu werden, ist keine Frage des Baurechts.“ J.G.

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