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„Kein Löschtrupp“

Daniel Cohn-Bendit über das von ihm geleitete Frankfurter Dezernat für multikulturelle Angelegenheiten  ■ D O K U M E N T A T I O N

Die hier in Auszügen abgedruckte Rede hielt Cohn-Bendit am 15.September 1989 vor der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung

„Damit die vorauseilenden Projektionen nicht unnötig ins Kraut schießen: Das Amt wird nicht Feuerwehr gegenüber chauvinistischen Anwandlungen in der Bevölkerung spielen können. Wir fühlen uns nicht erhaben über die kleinen und großen Probleme des Zusammenlebens von Mehrheit und Minderheit. Wir werden uns häufiger ihrer annehmen und immer da vermitteln, wo unsere Hilfe notwendig sein wird. Unsere Sache aber ist mehr die Prävention. Und vor allem lassen wir uns nicht in die Rolle eines Löschtrupps drängen, wo wir kein Wasser im Schlauch haben.

Zweitens wird das Verhältnis des Amtes für Multikulturelle Angelegenheiten zu anderen Ämtern der Stadtverwaltung weder substitutiv noch kompensatorisch sein. Wir wollen keinem Amt irgend eine Kompetenz wegnehmen. Wir wollen aber auch nicht etwa die Sozial-, Ausländer-, Schul- oder Kultusbehörden von ihrer je spezifischen Verantwortung für die Gestaltung der multikulturellen Stadtgesellschaft entlasten. Ich stelle mir ein kooperatives Verhältnis vor, in dem wir in der Regel Anregungen und Hilfestellungen geben. - Daß überall die knappen Haushaltsmittel zwicken und zwacken, weiß ich auch. Achten werde ich aber darauf, daß bei der Verteilung der Haushaltsmittel die Gestaltung und Entwicklung der multikulturellen Stadtgesellschaft als Zukunftsinvestition einer Metropole, die menschlich sein will, gesehen wird und nicht als Kosmetik oder ein vorübergehendes Krisenmanagement, das etwa beim Zurückfallen der cauvinistischen Rechten erledigt wäre.

Das Amt für Multikulturelle Angelegenheiten ist auch keine vorgeschobene Bastion der Ausländerlobby. Auch wenn das einige der Einfachheit halber gerne so hätten. Wir werden uns aber nachdrücklich dafür einsetzen, daß die ausländischen Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt in der Wahrnehmung ihrer Interessen nicht benachteiligt werden, daß sie mit vollen Rechten und Pflichten in den demokratischen Prozeß dieser Stadt einbezogen werden.

Es kann einer zivilisierten Stadtgesellschaft nicht gut bekommen, wenn sie ein Viertel ihrer selbst von der Regelung der gemeinsamen Angelegenheiten ausschließt.

Die hilfsweise Einführung des kommunalen Wahlrechts für AusländerInnen ist also unerläßlich. Letztendlich meine ich, ist die Gewährung doppelter Staatsbürgerschaft die vernünftigere und ehrlichere Lösung.“

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