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Kein Geld für Abtreibungen

Bush-Veto: Auch nach Vergewaltigungen oder Inzest bekommen arme Frauen keine Staatsgelder für Abtreibungen / Bush befürchtet „Mißbrauch“ durch falsche Angaben  ■  Aus Washington Silvia Sanides

Mit der Entscheidung, ein Veto gegen ein vom Kongreß verabschiedetes Gesetz einzulegen, das die öffentliche Finanzierung von Abtreibungen für arme Frauen nach Vergewaltigungen oder Inzest vorsieht, hat Präsident Bush der Abtreibungsfrage in den USA einen neuen Stellenwert verliehen. Demokratische Kongreßabgeordnete, die das Gesetz verabschiedet hatten, äußerten sich entsetzt über den „unmoralischen“ Schritt und warnten, die Entscheidung sei „der politische Fehler“ der Bush-Karriere. Die öffentliche Finanzierung von Abtreibungen für arme Frauen, die das Opfer von Vergewaltigungen oder Inzest sind, fiel 1981 dem Rotstift der Regierung Reagan zum Opfer. Letzte Woche gelang es den Befürwortern von Abtreibungsfreiheit, eine knappe Mehrheit der Abgeordneten im Repräsentantenhaus für die Umkehr dieser Reaganschen Einschränkung zu gewinnen. Arme Frauen, so wurde mit 216 zu 206 Stimmen entschieden, sollen zukünftig, wie schon vor 1981, öffentliche Gelder für Abtreibungen in diesen Fällen erhalten. Zur Zeit bekommen arme Frauen nur dann Steuergelder für Abtreibungen, wenn die Schwangerschaft für sie lebensgefährlich ist. Bush wurde wegen seiner Entscheidung nicht nur von Vertretern der Frauenbewegung, sondern auch von Kongreßabgeordneten als „unmoralisch“ und „heuchlerisch“ bezeichnet.

Der Präsident erklärte, daß er Abtreibungen nach Vergewaltigungen oder Inzest nicht ablehne, jedoch in diesen Fällen gegen die öffentliche Finanzierung sei. Die Gefahr eines Mißbrauchs von Steuergeldern sei zu groß. Bush deutete an, daß Frauen, um an Steuergelder zu kommen, womöglich fälschlich Vergewaltigungen und Inzest als Schwangerschaftsursache angeben könnten. Die demokratische Abgeordnete Boxer erklärte: „Der Präsident unterstützt das Recht wohlhabender Frauen, sich für Abtreibung zu entscheiden, aber sagt armen Frauen, sie seien sich selbst überlassen. Die Entscheidung wird Bush bis zum Ende seiner Karriere zu schaffen machen.“ Seit sich der Oberste Gerichtshof in Washington im Juli erstmals seit 1973 für Einschränkungen in der Abtreibungsfreiheit entschied, ist die Debatte zu einem zentralen Politikum geworden. Alle Zeichen deuten daraufhin, daß die AmerikanerInnen nicht bereit sind, diese Freiheit aufzugeben. Politiker, die sich für die Einschränkung von Abtreibungsfreiheit aussprechen, oder, wie Präsident Bush, sogar einen Verfassungszusatz fordern, der Abtreibungen verbietet, sind unter Beschuß geraten. Gemäßigte Republikaner äußerten Bedenken, daß das Veto Bushs republikanischen Kandidaten bei Wahlen Schwierigkeiten bereiten könnte. Die Befürworter des Gesetzes drohten an, ihr Anliegen in anderer Form so lange immer wieder vorzubringen, bis der Präsident von einem Veto absehe. Die notwendige Zweidrittelmehrheit, mit der das Veto überstimmt werden kann, liegt außer Reichweite.

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