piwik no script img

Kein Fußball mit der AfD2:0 für Eintracht-Chef Peter Fischer

Der Präsident des Sportvereins wollte keine AfD-Mitglieder aufnehmen. Jetzt bekam er Rückendeckung durch die Vereinsmitglieder.

Zuspruch für Eintracht-Präsident Peter Fischer von Jung und Älter Foto: dpa

Frankfurt/Main taz | Selten war eine Jahreshauptversammlung des größten hessischen Sportvereins Eintracht Frankfurt mit so viel Spannung erwartet worden. Schon vor dem Zugang zum Sportleistungszentrum am Frankfurter Riedwald wurden die Mitglieder mit Flugblättern, Plakaten und Spruchbändern empfangen. Die meisten Plakatschreiber stützten den Präsidenten Peter Fischer, der sich am Sonntag zur Wiederwahl stellte.

Mit seiner öffentlichen Abgrenzung von der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland hatte Fischer bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Weil er sich dagegen aussprach, Mitglieder „der braunen Brut“ in den Verein aufzunehmen, wurde gegen ihn Anzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung erstattet.

Doch die Jahresversammlung des 50.000 Mitglieder starken Vereins wurde für Fischer zum Heimspiel. Er wurde mit 99 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt. Die Vereinsmitglieder feierten ihn minutenlang mit Standing Ovations. Fischer bekräftigte am Ende seiner einstündigen Rede seine klare Haltung gegenüber der AfD und legte sogar nach: „Ich habe nichts zurückzunehmen und nichts zu relativieren“, rief Fischer unter dem Beifall von mehr als 700 anwesenden Mitgliedern.

„Niemand kann Mitglied der Frankfurter Eintracht sein, der eine Partei wählt, die für Rassismus, Diskriminierung und Antisemitismus steht“, bekräftigte Fischer seine Absage an die AfD. Er zitierte „furchterregende“ Sätze prominenter AfD-Politikerinnen als Beleg für deren rassistische Gesinnung. „Es kommt nämlich nicht da­rauf an, was im Programm steht“, sagte Fischer.

Gesellschaftspolitische Verantwortung des Vereins

Die AfD, so Fischer, stehe im Widerspruch zu den Werten von Eintracht Frankfurt: „Gegen Ausgrenzung, Demütigung, Herabsetzung und Diskriminierung“, heißt es in der Satzung. Mit diesen Grundsätzen habe der Verein die Lehren aus der dunkelsten Zeit Deutschlands gezogen. Schließlich seien unter der Naziherrschaft auch Eintracht-Mitglieder jüdischen Glaubens ausgegrenzt worden, denen bestenfalls die Flucht gelungen, von denen aber auch viele in den KZs der Nazis ermordet worden seien.

Der Eintracht-Präsident bekannte sich zur gesellschaftspolitischen Verantwortung des Vereins: „Diese Werte sind viel stärker in Gefahr, als uns oft bewusst ist“, so Fischer. „Wehret den Anfängen von Rassismus, Diskriminierung und Antisemitismus!“, rief Fischer.

Max Schumacher, der sich als Vorsitzender des Verwaltungsrats zu Wort meldete, nahm immerhin die WählerInnen der AfD gegen pauschale Vorwürfe in Schutz. „Die Wähler der AfD sind nicht alle Nazis und braun“, sagte Schumacher, „viele haben sie aus Protest gewählt“. Ihm widersprach Michael Zink, Mitglied des Beirats. „1932 haben 11 Millionen NSDAP gewählt. Die wollten auch nicht alle ihre Söhne in einen mörderischen Krieg schicken und die Menschen jüdischen Glaubens in die Vernichtungslager schicken, sie haben es aber mit ihrer Stimme ermöglicht“, sagte Zink und bekam dafür viel Beifall.

Kein Fischer-Kritiker meldete sich zu Wort

Mit einer emo­tio­nalen Wortmeldung verurteilte auch Eintracht-Vereinsmitglied Dario Minden den Antisemitismus der AfD. „Wer stolz ist auf die Leistung der Wehrmacht und wer Gedenkstätten aus den deutschen Städten verbannen will, ist auch stolz auf die abscheulichen Verbrechen“, sagte Minden.

Die hessische AfD hatte ihre Anhänger öffentlich aufgefordert, Anträge auf die Aufnahme bei Eintracht Frankfurt zu stellen. Einzelne Mitglieder würden auf der Versammlung gegen Fischer Stellung beziehen, hieß es vor der Versammlung. Doch keiner der Fischer-Kritiker meldete sich zu Wort.

Die Wiederwahl des Präsidenten, der seit dem Jahr 2000 amtiert, war nach seiner Rede reine Formsache. Immer wieder hatte die Versammlung die Rede mit demonstrativen Beifall unterbrochen. Beim Schlussapplaus hatte es nur wenige Mitglieder auf ihren Plätzen gehalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Glückwunsch dem Vereinspräsidenten und seinen Mitgliedern! Fachos raus - egal von wo und was!!!

  • Es sollte längst klar sein, das die NPD-Auffangpartei AFD sich in sämtlichen Institutionen und Vereinen einbringt, um Einfluss auf die Gesellschaft zu bekommen.

    Jede Verharmlosung hilft diesen Nazis auf ihrem Weg zur erneuten Machtergreifung.

    Sie haben nicht die Mehrheit hinter sich, auch wenn sie so laut brüllen, als wäre es so.

    Aber sie sind wieder so weit, das sie ganz offen Rassismus verbreiten und Gleichheit, Recht und Freiheit des Volkes diskreditieren, indem sie manipulieren, hetzen und bedrohen.

  • Es gab mal vor vielen Jahren ein Fußballspiel. Mehrere Kinder haben gegeneinander gespielt. Alles lief ganz spannend und interessant; wie der Fußball so ist. Bis ein Volljähriger Erwachsener mit einem braunen Hund, Marke Bulldogge oder Boxer kam. Die wollten unbedingt mitspielen. Dagegen konnte man nichts sagen oder einwenden.

     

    Der braune Hund hat immer wider einen der Kinder umgerannt. Ab und zu hat er zugebissen. Selber schuld! Fußball ist ein Mannschaftsspiel. Da ist es auch gefährlich, einen Hund auszuspielen. Der kennt ja keine Regeln. Es hat jedoch keiner geweint und keiner hat aufgehört zu spielen.

     

    Menschen wie Peter Fischer müssen dafür sorgen, dass keine braunen Hunde unsere Kinder oder unser Land bedrohen! Das Braune muss aus diesem Land für immer weg, auch aus den Köpfen!

  • So geht Widerstand gegen Faschismus.

     

    Und was macht der Rest so in Deutschland? Wartet der auf die nächste Machtergreifung?

  • 3G
    39201 (Profil gelöscht)

    Danke!

  • Danke Peter Fischer für die Courage

    • @Klabautermann:

      Kleine Frage: Was hat Fischers Verhalten mit "Courage" zu tun? Wofür das "Danke!"? Der Mann ist doch nicht blöd. Er verhält sich eindeutig angepasst und, wie es neudeutsch heißt, "politisch korrekt", im warmen Strom des Mainstreams, erkennbar schon an den Sätzen "Doch die Jahresversammlung des 50.000 Mitglieder starken Vereins wurde für Fischer zum Heimspiel. Er wurde mit 99 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt. Die Vereinsmitglieder feierten ihn minutenlang mit Standing Ovations".

      Im Gegenteil: Wenn jemand mit 99 % der Stimmen für ein ziemlich wichtiges Amt in der Sportpolitik gewählt wird, kommt mir jedenfalls das erst einmal verdächtig vor. Da stimmt etwas nicht und das wird sich über kurz oder lang zeigen. Wetten dass?

      Martin Korol, Bremen

      • @Martin Korol:

        Wenn das so Mainstream ist, dann können Sie mir sicher die anderen Bundesligavereine nennen die das genauso gemacht haben.

        • @Rooni:

          Gute Frage! Meine Antwort: Der Mann ist rhetorisch begabt. Er kann sich ausrechnen: In Cottbus gewinnt man Wahlen eher mit Höcke, egal in welcher Massenveranstaltung; in Frankfurt/Main eher gegen die AfD.

          Würden Sie da etwa „Nein!“ rufen?! Zu den 1 % gehören wollen?! Vielleicht. Ich jedenfalls kaum. M.K.

          • @Martin Korol:

            Fischer hat echte Haltung bewiesen. Soviel ist klar. Da mit dem Standard-AfD-Bingoversatzstück "Politische Korrektheit" hausieren zu gehen ist vor dem Hintergrund der historischen Zusammenhänge einfach nur peinlich.

             

            Ich wünschte mein Heimatstadt-Bundesligaverein SV Werder (der ja vielleicht auch der Ihrige ist) und ansonsten auch Stellung bezieht gegen Rechtsaußen würde sich Fischer anschließen.

             

            Aber da würden Sie sich sicher auch sofort in angemaßter Widerstandspose als "politically incorrect" in die Bresche schlagen.

             

            Mit eben dieser scheinheiligen Pose der Rechtsaußen-Bürger-in-Wut, die behaupten wir würden in einer "Kanzlerdiktatur" leben, in Wahrheit aber überhaupt nichts riskieren ... außer vielleicht ihren guten Ruf als ehemaliger Sozialdemokrat.

             

            Zur politischen Einordnung des Kommentators: //http://www.spiegel.de/politik/ausland/spd-politiker-korol-fliegt-wegen-roma-aeusserungen-aus-partei-a-921283.html oder //http://www.taz.de/!5056501/