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Kein Asyl für Iraks KdVler

■ Für deutsche Gerichte ist die Todesstrafe kein Grund, desertierten irakischen Soldaten Asyl zu gewähren

Berlin (taz) — Irakische Soldaten, die im drohenden Golfkrieg den Kriegsdienst verweigern, würden in der Bundesrepublik kein Asyl erhalten — falls ihnen die Flucht gelänge.

Dies folgt zumindest aus der bisherigen Asylrechtsprechung zum Irak der für Bayern, Baden-Württemberg und Berlin zuständigen Gerichte. Dabei bestreiten die Richter keineswegs, was Menschenrechtsorganisationen längst bekannt ist: daß auf Kriegsdienstverweigerung im Irak die Todesstrafe steht. Doch nach ihrer Auffassung rechtfertigt dieser Umstand keine Anerkennung als politisch Verfolgte. Denn die Strafe sei — zumindest in angespannten Situationen — legitim.

So geht zum Beispiel der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem Urteil vom 18. Januar 1989 davon aus, daß Irakern, die sich auch nur der Registrierung zum Wehrdienst entziehen, die Todesstrafe droht. Sanktionen wegen Kriegsdienstverweigerung oder Desertion, so das Gericht, stellten jedoch für sich keine politische Verfolgung dar. Eine solche Bestrafung wäre nur dann von asylrechtlicher Bedeutung, „wenn die Strafe als solche übermäßig hart und unerträglich und unter jedem denkbaren Gesichtspunkt schlechthin unangemessen“ wäre.

In der folgenden Begründung demonstriert der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg dann weit mehr Verständnis für die Mobilisierungsversuche der irakischen Regierung als für die Kriegsdienstverweigerer. Die irakische Regierung sei (im Zusammenhang mit dem iranisch-irakischen Krieg) bemüht gewesen, alle personellen Reserven für die Kriegsführung zu mobilisieren. Sinn und Zweck einer Bestrafung wegen Verweigerung gingen erkennbar dahin, wegen der schwierigen Situation im Kriege mit entsprechendem Nachdruck auf die Bevölkerung einzuwirken, um möglichst aller Wehrdienstfähigen habhaft zu werden.

Diese Entscheidung stieß in der Öffentlichkeit auf heftige Kritik und wird längst nicht von allen Verwaltungsgerichten geteilt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin ist jedoch — ähnlich dem Verwaltungsgerichtshof in München — ebenfalls zu dem Schluß gekommen, daß die Todesstrafe für Wehrdienstverweigerung im Irak keine politische Verfolgung darstellt. Im Falle eines irakischen Asylsuchenden stellten die Richter am 12. Dezember 1989 fest, daß der Irak „exzessiv“ von der Todesstrafe Gebrauch mache.

Die Todesstrafe als staatliche Reaktion auf Kriegsdienstverweigerung lasse jedoch nicht auf politische Verfolgung schließen.

Sollte diese Rechtsprechung nunmehr korrigiert werden, dann wohl eher aus Gründen politischer Opportunität als aus Gründen der Menschlichkeit. Denn der Einsatz westlicher Soldaten gegen den Irak läßt sich schwer rechtfertigen, wenn man dem Diktator Saddam Hussein gleichzeitig faktisch das Recht zuerkennt, irakische Kriegsdienstverweigerer mit dem Tode zu bestrafen. Karsten Lüthke

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