: Kaum Zeit für Patienten
Dass mittlerweile vielerorts ein Ärztemangel herrscht und viele Studienabgänger gleich ins Ausland oder in die Industrie gehen, ist eine unbestreitbare Tatsache. Eine Ursache dafür sind lange Arbeitszeiten, die für einen Klinikarzt inklusive Bereitschaftsdiensten günstigstenfalls bei ca. 60 Wochenstunden liegen, wobei die relativ häufigen täglichen Überstunden meist nicht bezahlt werden.
Eine weitere Ursache ist die starke Zunahme bürokratischer Tätigkeiten, die die Zeit für Patienten immer knapper werden lässt. Nicht zuletzt sind auch die Arbeitsbedingungen an den Kliniken durch häufig straffe Hierarchien und vernachlässigte Ausbildung im internationalen Vergleich eher schlecht. In diesem Vergleich ist auch die Bezahlung tatsächlich relativ niedrig, wobei sie durchaus ausreichend ist und Verbesserungen eher in oben genannten Problemen angegangen werden sollten. Bei Betrachtung der Verdienste so mancher Ärzte wäre eine gerechtere Umverteilung des Gesamtetats ganz klar möglich. Das vermutete Streikmotiv der Befürchtung einer „Degradierung zu einem ganz normalen akademischen Beruf“ kann ich jedoch nicht nachvollziehen: Die meisten meiner Kollegen tun ihre tägliche Arbeit, um kranken Menschen zu helfen, und nicht, um sich als „Halbgott“ feiern zu können. STEFFEN BONITZ, Weimar