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Kaukasusexperte über Georgienkonflikt"Abchasien ist nicht Kosovo"

Mit der Anerkennung der georgischen Provinzen begibt sich Russland in die internationale Isolation, meint Uwe Halbach. Die Menschenrechtslage in Serbien sei mit der in Georgien nicht vergleichbar.

Andere Staaten werden Südossetien nicht anerkennen, meint Experte Halbach. Bild: dpa

taz: Herr Halbach, Russlands Präsident Medwedjew hat die Unabhängigkeit von Abchasien und Südossetien anerkannt. Hat Sie das überrascht?

Uwe Halbach: Ein wenig schon. Das steht in starkem Kontrast zu den Signalen, die Medwedjew in den letzten Monaten vor dem Krieg gegeben hat. In seinem neuen außenpolitischen Strategiepapier stehen als Stichworte immer wieder Völkerrecht und Kooperation statt eines konfrontativen Verhaltens.

Rechtlich hat die Anerkennung ja erst mal keine weiteren Auswirkungen. Was bedeutet sie aber mittelfristig für Russland?

Moskau begibt sich in die Isolation. Es wird kaum andere Staaten geben, die diesem Schritt folgen werden. Das ist der Unterschied zum Kosovo. Da war klar, dass eine größere Gruppe von Staaten die Entscheidung mittragen würde.

Russland nimmt zur Begründung der Anerkennung von Abchasien und Südossetien explizit Bezug auf das Kosovo. Hinkt dieser Vergleich nicht?

Doch, denn es gibt deutliche Unterschiede, so zum Beispiel die Bevölkerungszusammensetzung. Das Kosovo war ein Landesteil Serbiens mit einer starken albanischen Mehrheit. Abchasien als autonomer Landesteil Georgiens hatte in den 90ern eine deutlich georgische Mehrheit. Die Abchasien waren in der Minderheit von 18 Prozent.

Wo sehen Sie weitere Unterschiede?

Wenn wir von der Gewaltdimension ausgehen, müssen wir auch immer die Frage des Zeitpunkts stellen. Im Kosovo hat die serbische Staatsgewalt massive Menschenrechtsverletzungen vor der Sezession und vor dem Eingreifen der internationalen Gemeinschaft begangen. Und zwar in einem Ausmaß, mit dem georgische Handlungen gegenüber Abchasien und Südossetien Anfang der 90er-Jahre, als die Sezessionskonflikte ausbrachen, nicht vergleichbar sind.

Die russische Seite spricht von einem Genozid des georgischen Staatspräsidenten Michail Saakaschwili am südossetischen Volk …

Der Vorwurf des Genozids in Zchinwali ist im Kontext russischer Propagandabemühungen zu sehen. Wenn es so etwas im Kaukasus gegeben hat, dann war das das militärische Vorgehen russischer Truppen in Tschetschenien mit über 100.000 Todesopfern. Was in Südossetien geschehen ist, wissen wir bis heute nicht genau. Es gab einen unsinnigen Raketenangriff von Georgien auf eine schlafende Stadt. Das ist absolut zu verurteilen. Doch selbst Menschenrechtsorganisationen sprechen davon, dass die Opferzahlen, die von georgischer und russischer Seite genannt wurden, nicht stimmen können.

Wie wird sich Moskaus Anerkennungspolitik auf den Nordkaukasus auswirken?

Russland hat im Nordkaukasus jede Menge Schwierigkeiten. Es gibt islamistische Akteure, es gibt viele Faktoren von Instabilität und Gewalt. Dennoch glaube ich nicht, dass vom Nordkaukasus eine Sezessionsgefahr für Russland ausgeht. Der tschetschenische Separatismus ist effektiv zerbombt und seine weitere Bekämpfung relativ erfolgreich dem herrschenden Klan übertragen worden. Es gibt heute in Tschetschenien kein offenes Sezessionsbegehren mehr. Und das gibt es auch in den Nachbarrepubliken nicht.

Russland hat Moldova vor einer militärischen Lösung des Transnistrienkonflikts gewarnt. Könnte es auch in anderen Teilen der ehemaligen UdSSR zu einer Eskalation kommen?

Das russisch-georgische Verhältnis ist sehr spezifisch und hat sich seit Jahren in eine bestimmte Richtung entwickelt - mit einem tief antigeorgischen Affekt in der russischen Politik. Deshalb ist dieser Fall nicht so ohne Weiteres auf andere Konfliktregionen übertragbar.

Bestimmte Kooperationsmechanismen zwischen der Nato und Russland sind ausgesetzt. Alles sieht momentan nach einer neuen Eiszeit aus. Wie lautet in dieser Situation Ihre Empfehlung an den Westen?

In den letzten zwei Wochen hat sich eine Dynamik ergeben, die fast nicht mehr beherrschbar erscheint. Zunächst ist zu klären, welche Handlungsmöglichkeiten bestehen. Und wenn man da die europäische und die euroatlantische Rüstkammer durchgeht, ist nicht allzu viel vorhanden. Deswegen sollten diejenigen, die rigide Maßnahmen gegen Russland fordern, darüber nachdenken, wie dieser Radius der Rigidität aussehen kann. Zudem treffen wir im Moment auf ein Russland, das geradezu auf solche Schritte wartet. Um dann sagen zu können: Seht ihr, die ganze Welt ist gegen uns.

INTERVIEW: BARBARA OERTEL

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4 Kommentare

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  • RP
    Rene Pauls

    Petar du hast recht!!

     

    Nur vergisst du,das die reine wahrheit nicht zählt.

    Warum wohl wurde alles verdreht dargestellt?

    Warum fragt sich wohl ein unwissender nicht,wieso

    die Serben überall benachteiligt werden?

     

    Weil mann seit ca.20 Jahren eine verdrehte Jugoslawien politik-in die Köpfe infiltriert.

    Die leidtragenden sind die Serben(und die minderheiten die mit ihnen friedlich zusammenleben!)

    Noch heute leben über 500 000 serben,vertrieben

    aus ihren angestammten Heimatsregionen in Ex-YU: (Kosovo,Kraina/Slawonien,WestSlawonien,Herzegowina)

     

    Im Kosovo oft hinter stacheldraht!!

    Und keinen interessiert es.

    Weil die Medien es nicht aufzeigen.

     

    In Georgien war schnell klar was da abgeht,Russland nimmt sich das recht wie die USA-

    nichts anderes.

    Und was sehen wir jetzt?

    Eine weltweit(westen) von den Medien/Politiker gestartete verdrehungskampagne.

     

    Was Russland da gemacht hat,ist nichts anderes

    als was die USA weltweit(auch unter druck)versucht durchzusetzen-sezession mit anschliessender Anerkennung-KOSOVO!!!

     

    Die realität,ist die bedinglose Machtpolitik der USA und der staaten die blind folgen!

    Und jetzt läuft eine hetzjagd auf Russland!Serbien

    kennt das auch!

  • DA
    Der aus Sukhum

    Das hat mich schon 1992 aufgeregt als die Welt auf Bosnien schaute und die Georgier in dem Sommer machen konnte was sie wollte. Es gab keinen Unterschied zwischen den Beschuss albanischer Dörfer durch Serben und der Plünderung und den Beschuss abchasischer und armenischer Dörfer.

    Die "mehrheit" der Bevölkerung waren die Georgier 1992 auch nicht. Zwar waren die Abchasen nur 18% der Bevölkerung aber mit den anderen Nationalitäten die alle weg von Georgien wollten sind sie auch 54% gekommen. Somit waren nur 46% der Bevölkerung Georgisch.. Wer es nicht Glaubt soll die Volkszählung 1989 benutzen.

  • P
    Petar

    Alle Vergleiche hinken, da man sie völlig aus dem Kontext reisst. Wie wurden denn die Albaner seit 1912 im Kosovo und die Georgier in Abchasien zur Mehrheit? Alleine dieser Grund reicht aus, Abchasien die Unabhängigkeit zu geben und sie dem Kosovo zugleich abzuerkennen. Das Kosovo ist historisches, spirituelles und kulturelles Herzstück Serbiens, Abchasien dagegen wurde gewaltsam georgisiert. Außerdem machen die Albaner bereits Gebrauch vom Selbstbestimmungsrecht der Völker, sie besitzen bereits eine Heimat Namens Albanien. Haben die Abchasen etwa bereits ein eigenes Land? Die Abchasen leben als autochtones Volk im eigenen land, die Kosovo Albaner als nationale Minderheit in einem Nachbarland (wie die Dänen in Schleswig-Holstein). Wieviele Kosovo-Albaner haben ihre Ursprünge in Albanien und wieviele im Kosovo? Der Expräsident Ibrahim Rugova stammte aus Nordalbanien. Die Serben wurden aus dem Kosovo verdrängt. Die ersten Vertreibungen der Serben aus dem Kosovo fanden bereits unter den Osmanen statt! Nicht zu vergessen ist die Ära des pro-italienischen und faschistischen Großalbaniens, welches bis 1943 auch das Kosovo beinhaltete. Nach dem 2. WK wurde dann die autonome Provinz Kosovo eingerichtet, in welcher die Albaner geherrscht haben. Serben wurden diskriminiert. Schon zu Zeiten des alten Jugoslawiens wollten sich die Albaner von Serbien spalten, zunächst eine eigene Republik innerhalb Jugoslawiens gründen und diese später an die Republik Albanien schließen. Wie sie sehen, beginnt der Konflikt nicht erst mit Milosevic oder mit dem Krieg 1999, sondern reicht die ganzen letzten paar Jahrzehnte zurück! Kurz gefasst: Kosovo und die beiden abtrünnigen georg. Regionen sind in der Tat nicht miteinander zu vergleichen, weil das Kosovo kein Recht auf Unabhängigkeit hat, die anderen beiden schon. Allleine schon die Tatsache, dass die NATO im Friedensvertrag die territoriale Intergrität Serbiens zusichert. Serbien wurde bestialisch 3 Monate lang bombardiert. Die Übergriffe und Vertreibungen gegen die Serben setzten nach dem Einmarsch der NATO noch schlimmer fort, als in den jahrzehnten zuvor und selbst heutzutage leben viele Serben im Kosovo wie in Ghettos und das alles vor den AUgen des Westens! Serbien hat zu keinem Zeitpunkt die KFOR und NATO im Kosovo angegriffen, so wie Georgien die Russen in der Nacht zum 8. August angriff.

  • D
    danny

    danke für diesen besonnenen und intelligenten Beitrag zu einem Konflikt, der scheinbar keine ausgewogenen Perspektiven zulässt. Es ist möglich und es ist nötig. danke