■ Katholiken in Bremen: Trost, Vertröstung?
Fünfhundert, sechshundert Katholiken drängen sich in die protestantische Kirche „Unser Lieben Frauen“. Sonntag abend, 18 Uhr. Kein Konzert ist es, das diese ungewöhnliche Aufmerksamkeit erzeugt, sondern ein Gottesdienst zu ungewöhnlicher Zeit: die katholische „Stadtgemeinde“ feiert ihr Weihnachten. An ungewöhnlichem Ort: Ein katholisches Gotteshaus haben die aufgeklärten Bremer Katholiken an diesem Weihnachtstag nicht zur Verfügung gestellt bekommen, der Probst Plate verweigerte seiner Herbergen auch beim Fest der Liebe.
Was diese „Stadtgemeinde“ ohne hauptamtlichen Priester und ohne eigenen sakralen Ort zusammenführt, ist vor allem mit einem „nicht“ zu beschreiben: Kein „Stille Nacht“ im Weihnachtsgottesdienst, keine traditionelle Liturgie, keine Predigt aus der Abteilung „Ewige Wahrheiten“. Leih-Pfarrer Kessler zitiert in seiner Weihnachtspredigt Thomas Münzer und Ernst Bloch, er spricht über den schmalen Grad zwischen „Trost“ und „Vertröstung“, die Weihnachtsbotschaft bedeutet den Menschen beides - wer wollte von sich sagen, er sei sicher im Glauben, Tag für Tag?
Kennzeichnend für diese liturgische Feierstunde ist auch die Musik. Neue Kompositionen, oft meditativ, manchmal minimalistisch, gregorianisch, aber mit Schlagzeug und Klavier neu komponiert, eben religiöse Musik unserer Tage durchzieht den Gottesdienst, und diese Kirchenmusik schließt die Gemeinde nicht aus: Immer wieder dreht sich die Leiterin des kleinen Laien-Chores, Karin Gastell, zur Gemeinde um, dirigiert sozusagen, wie die gesamte Kirche die neuen Klänge mitsingen soll.
Wohin nach dem 7. Januar, wenn die Kapelle des St.-Joseph-Stiftes umgebaut wird? „Das ist unser Problem, wir sind zuviele“, sagt Stadtgemeinde-Sprecherin Ursula Gödde. „Ich weiß es ehrlich nicht.“ K.W.
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