Katholentum und Blu-Bo-Blödsinn

betr.: „Individualität ist nicht so wichtig“, Interview mit Martin Mosebach, taz.mag vom 22. 5. 04

Das vierte Gebot (Vater und Mutter ehren) hat man also, wenn’s nach Mosebach geht, egalweg einzuhalten, statt nach dem Prinzip „Ehre, wem Ehre gebührt“ zu verfahren, und es ist angeblich der bisher unverdächtige Hans Traxler, der ihm das abnickt. Wirklich?

War’s nicht der Hellinger, der mit allen, die Pech mit ihrer Famillje hatten, systemische Verarschung treibt? Dann nämlich fügte sich dazu ganz und gar nahtlos der gleich im nächsten Satz folgende Blu-Bo-Blödsinn, schwafelt doch Mosebach allen Ernstes von der selbstzerstörerischen Wirkung eines Dissenses zur „größeren Herkunftseinheit“ (dem Land, aus dem man stammt) daher.

Wilhelm Reich mag in seiner „Massenpsychologie des Faschismus“ die Mentalität der braunen Bande reichlich unvermittelt auf das Katholentum zurückführen, aber wenn man so etwas wie das taz.mag-Interview mit Mosebach liest, hat man auch für solcherlei grobkörnige Schrotschüsse einiges Verständnis. Dieses wächst noch, wenn man registriert, wie Mosebach alles, was in der Geschichte der künstlerischen Produktion bewiesen hat, dass es etwas taugt, gnadenlos in den Vatikanstaat eingemeindet. Überhaupt kann man, sofern man es mit der grotesken Vereinnahmungsfummelei des Befragten ebenso genau nimmt wie mit dem katholischen Anspruch, den Katholizismus nur noch im Ordner mit dem Etikett „totalitäre Ideologien“ ablegen. RUDOLF SELBACH, Bonn

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