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Katastrophale General-Motors-StrategieOpel Bochum droht Schließung

Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister kann nicht helfen, das Opel Werk in Bochum steht vor dem Aus. Gewerkschaften und Wissenschaftler kritisieren GM hart.

Am Tag vor den Opel-Verhandlungen: Voigtsberger auf Esel in Wesel. Bild: dpa

BOCHUM taz | Der Minister kam und ging mit leeren Händen: Ohne Ergebnis ist ein Besuch von Nordrhein-Westfalens Wirtschafts- und Verkehrsminister Harry Voigtsberger (SPD) bei Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke zu Ende gegangen.

Dabei ging es am Montag um die Zukunft eines der zentralen industriellen Cluster des größten Bundeslandes: Dem Bochumer Opel-Werk mit seinen noch immer 3.200 Beschäftigten droht wie 2010 die Schließung. Nach Schätzungen der IG Metall dürften bei Zulieferern bis zu 15.000 weitere Arbeitsplätze in NRW auf der Kippe stehen.

Wegen tiefroter Zahlen steht Opel als Tochter des amerikanischen Autokonzerns General Motors (GM) schon seit Wochen in der Kritik der Firmenzentrale in Detroit. Während der dem Konkursverfahren entwachsene GM-Konzern 2011 in Nordamerika einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar einfuhr, machte die Europa-Tochter mit ihren Marken Opel und Vauxhall 747 Millionen Dollar Verlust - das sind 573 Millionen Euro. In Detroit werde deshalb über Werkschließungen in Bochum und dem englischen Ellesmere Port nachgedacht, berichtete etwa das Wall Street Journal.

Zwar versicherte Opel-Chef Stracke nach dem Treffen mit Wirtschaftsminister Voigtsberger, der Konzern stehe zu Standortsicherungsverträgen, die Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen bis 2014 ausschließen. Doch ob Opel in Bochum auch darüber hinaus eine Zukunft hat, ließ Stracke bewusst offen.

Auch Voigtsbergers Ministerium versuchte, die Bedeutung des Treffens herunterzuspielen: Bei der Erarbeitung von "Zukunftsperspektiven" habe der Minister "Gespräche angeboten" - die "Verantwortung" für das Bochumer Werk liege aber "in erster Linie bei Opel".

"Katastrophales Negativ-Image"

Mehr als "Politikmarketing" könne Voigtsberger ohnehin nicht betreiben, glauben Beobachter der Autobranche wie Ferdinand Dudenhöffer, der das "Center Automotive Research" der Universität Duisburg-Essen leitet: "Über das Bochumer Werk wird nicht in Düsseldorf entschieden", so Dudenhöffer zur taz.

Nötig seien schwarze Zahlen - und für die müssten Produktionskapazitäten endlich ausgelastet werden, mahnt der Betriebswirtschaftler - bei Opel laufen die teuren Maschinen nicht im Dreischichtbetrieb. Wie bei der Konkurrenz längst üblich müssten auch bei Opel endlich auch Fahrzeuge anderer Konzernmarken wie etwa Chevrolet vom Band laufen.

Mit Kritik an GM spart auch Stefan Bratzel vom Center of Automotive der Fachhochschule der Wirtschaft nicht. Überkapazitäten und ein fehlendes GM-Baukastensystem sorgten angesichts schrumpfender Opel-Kernmärkte etwa in Südeuropa für tödlichen Kostendruck.

"Katastrophal" sei auch das durch immer neue Schließungspläne aus Detroit geschaffene "Negativ-Image" Opels, sagt Bratzel - und klingt wie der Betriebsratschef des Bochumer Werks, Rainer Einenkel: "Die Schließungsdrohungen sind ruf- und geschäftsschädigend."

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14 Kommentare

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  • W
    Weihnachtsgans

    Für mich zählt hierbei tatsächlich, dass es einfach nicht sein kann, dass diese Sch*-Firmen hier keine Steuern bezahlen, die Belegschaft in Angst & Schrecken halten- dann auch noch Subventionen kassieren und per Steuergeldern das Kurzarbeitergeld auf den Tisch legen.

    Wenn hier die Politiker nicht mal endlich etwas unternehmen, wird der Weihnachtsgans-Steuerzahler sicherlich demnächst keine Lust mehr haben weiter mitzuspielen - und sich alle, die es können eine ähnlich kriminelle (ach nein - das heißt dann sicher kaufmännisch-kluge) Strategie überlegen.

    Ich jedenfalls habe die Nase gestrichen voll!

  • B
    binu

    Die Kommunikationsstrategie von General Motors ist darauf ausgerichtet Angst zu schüren, die Arbeitnehmer zu verunsichern und so Personalkosten zu drücken. Im jetzigen Fall hofft das Management, die 2011 verschobene Tariferhöhung einzukassieren und für weitere Einsparungen vorzubauen. Eine Vollschließung käme diese Herren nämlich teuer zu stehen, ganz abgesehen von der öffentlichen Auseinandersetzung. An den Kostenfaktor Material/Energie denken die Manager nicht. Vorschläge, die Energieeffizienz des Werkes Bochum zu verbessern sind regelmäßig an Detroit gescheitert. Dabei ist gerade das Werk Bochum aufgrund der guten Resonanz auf den Zafira vergleichsweise gut ausgelastet. Andere Werke wie bspw. Zaragossa oder auch Rüsselsheim haben dagegen Freikapazitäten. Ich bin selber auch Kritiker der Individual-Automobilität. Allerdings muss man auch sehen dass Autoindustrie eine dt. Schlüsselindustrie darstellt. Technisch innovativ, zigtausende Arbeitsplätze entlang der Wertschöpfungskette, gut organisierte, konfliktfähige Arbeitnehmer, vergleichsweise hohe ökologische Standards. Wer das außer Acht lässt leistet der Teile-und-Herrsche-Strategie der Manager Vorschub. Ökologisch muss i.d.Z. auch sozial sein. Menschen, denen die Arbeitslosigkeit Angst macht auch noch die Grundsicherung verweigern zu wollen ist dabei schlicht menschenverachtend aber Sie wollten mit Ihrem Kommentar sicherlich nicht ernst genommen werden.

  • AB
    Arno Besendonk

    Opel?

    Ist das nicht der Manta?

    Oder der Kadett des Frührentners?

    Nä, brauche ich nicht.

    Anders gesagt: Ein falsches Image rächt sich!

  • A
    Autofreier

    @Dohle

     

    Dann stirbt man halt, wo ist das Problem? War doch früher auch so.

     

    Es ist doch wirlkich möglich alles mit dem Fahrrad zu machen. Zum Beispiel die Paketboten, es gibt doch genug Lastenfahrräder, das geht doch auch wunderbar. Außerdem tut man auch noch was für die Gesundheit, man braucht nach der Arbeit nicht mir ins Fitnessstudio.

  • F
    Fan

    @Autofreier: Wow, Sie sind ja noch ein echter Öko-Stalinist !!! Das es sowas noch gibt.

    Ich hoffe nur sie erschießen sich nicht aus Scham, wenn sie feststellen das ihr Fahrrad chromhaltige Bauteile enthält. Durch Sie hat bestimmt irgendjemand Krebs bekommen. Und wieso beutzen sie eigentlich einen Computer? Das ist doch pure Stromverschwendung. Wegen Menschen wie Ihnen schmelzen Weltweit die Gletscher und die armen Eisbährenkinder müssen verhungern.

  • DM
    D M

    GM ist clever. GAP sei Dank

    Alle Forschungsaufwendungen werden in Deutschland

    Berechnet . Dh Verlust , es entstehen keine zu versteuernde

    Gewinne . Druck auf die deutsche Belegschaft um noch effizienter

    Billiger zu arbeiten .

    Wofür : Dollaresel BRD

    Damit die Manager noch mehr verdienen können

  • S
    sanglier

    da kommen sich zwei besonders witzig vor....

    am besten werden die opelaner wohl hufschmiede.

    bei fehlender kapazitätsauslastung könnten sie dann immer noch solchen genieleins weitere bretter vor den kopf nageln.

  • TK
    Tadeusz Kantor

    wer braucht schon opel? niemand. also, was soll das gejammer?

  • SM
    Si Mon

    Der Kapitalismus wie Ihn westliche Staaten und Industrien geschaffen haben macht auch vor den eigenen Staatsgrenzen nicht halt. Es tut mir Leid für die Mitarbeiter, jedoch scheinen immer noch zu viele Menschen nicht gemerkt zu haben, dass die jetzige neoliberale Marktwirtschaft, in diesem Maße, keine moralischer und ethischer Werte beinhaltet!

  • T
    tollschocken

    @Thomas Fluhr

    @Autofreier:

    läuft hier gerade das Jahrestreffen der Vollpfosten?

  • D
    Dohle

    Gruß an den Autofreien, denn ich habe auch nur ein BVG Ticket, aber viel Spaß bei deinem Krankentransport nach einem Unfall, das wird bestimmt spannend mit einer Rikscha.

     

    Opel/ Vauxhall steht als Garant für beste Qualität und Zukunftsforschung und dies zu verlieren kann nur ein Fehler sein.

  • K
    Kopfschüttler

    @Autofreier

     

    Wer solche Aussagen tätigt dem kann man eigentlich wünschen, dass ihm selbiges einmal widerfährt!

  • A
    Autofreier

    Hoffentlich machen die dicht. Und den Mitarbeitern sollte kein Cent zu stehen, und auch kein Hartz4 und so. Wer für die Autoindustrie arbeitet verdient die absolute Armut!!!

  • TF
    Thomas Fluhr

    Ich dachte es gibt so einen grossen Bedarf an Fachkräften? Wie so dann so eine Angst vor der Werksschließung? Es gibt doch massenhaft freie Stellen.