Kartellbehörden dürfen Stadtwerke prüfen: Keine Abzocke mehr vom Gasversorger
Behörden dürfen jetzt die Gaspreise von Stadtwerken überprüfen. So werden die Rechte der Verbraucher gestärkt, die sich über zu hohe Kosten für die Energieversorgung beklagen wollen.
BERLIN taz Gasversorger müssen sich gefallen lassen, dass eine Kartellbehörde ihre Preisgestaltung überprüft und sie möglicherweise zu niedrigeren Tarifen zwingt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am späten Mittwochnachmittag in einem Urteil festgelegt. Mit dieser Entscheidung stärkte der BGH nicht nur die Position der Wettbewerbshüter, sondern setzte auch einen verbraucherfreundlichen Rechtsrahmen für den Gasmarkt.
Konkret ging es in dem Urteil um die Stadtwerke Uelzen, die 2005 und 2006 mehrfach ihre Gaspreise erhöht haben. Einige Kunden beschwerten sich beim zuständigen Landeskartellamt, das die Preise überprüfte und tatsächlich als "missbräuchlich" überhöht einstufte. Die Stadtwerke wurden verpflichtet, den Kunden 0,3 bis 0,5 Cent pro Kilowattstunde zurückzuzahlen.
Das Unternehmen wehrte sich aber dagegen vor Gericht und begründete dies damit, dass es keine marktbeherrschende Stellung innehabe und deshalb auch gar nicht vom Kartellamt in dieser Form hätte untersucht werden dürfen. Denn schließlich müssten die Stadtwerke Uelzen mit ihrem Gasangebot auch zum Beispiel mit Öl- oder Kohlelieferanten, Fernwärmeanbietern oder Elektrizitätswerken, die ja ebenfalls auf dem Wärmemarkt aktiv seien. Das sah das Oberlandesgericht in Celle ebenso und gab dem Versorger Recht.
Der BGH entschied nun in einem Grundsatzurteil anders und hob den Beschluss aus Celle auf. Einen einheitlichen Wärmeenergiemarkt gebe es nicht, weil der Endkunde seine Heizung nicht ohne weiteres von Gas auf eine andere Heizenergie umstellen könne, begründete er. Will sagen: Konkurrenzdruck durch Kohlehändler nutzen demjenigen nichts, der seine Wohnung mit einer Gasetagenheizung heizt.
Diese Festlegung ist von bundesweiter Bedeutung. Denn das Bundeskartellamt hatte im März ein Missbrauchsverfahren gegen 33 Gasversorger wegen zu hoher Preise begonnen, dass am 1. Dezember abgeschlossen wurde. 29 Unternehmen hatten im Rahmen dieses Verfahrens zugesagt, ihren Kunden entweder Geld zurückzugeben oder auf angekündigte Preiserhöhungen zu verzichten. Hätte der BGH nun im Sinne des Unternehmens entschieden, hätte das die Rechtmäßigkeit der Aktion in Frage gestellt.
Die Stadtwerke Uelzen haben übrigens "die Klarstellung des Bundesgerichtshofs in der Wärmemarktfrage" begrüßt. Allerdings wies das Unternehmen darauf hin, dass damit nichts über die Rechtmäßigkeit der Preiserhöhungen ausgesagt sei. Dies müsse nun wieder das OLG Celle klären. In der vergangenen Woche hatten die Stadtwerke Uelzen angekündigt, dass sie die Gaspreise ab 2009 um 30 Prozent senken.
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