Karstadt-Übernahme: Mieten senken oder Gehälter kürzen
Voraussichtlich am Montag entscheidet das Essener Amtsgericht, ob der Insolvenzplan für die Kaufhauskette Karstadt umgesetzt werden kann.
KÖLN taz | Das Ringen um die Zukunft der insolventen Warenhauskette Karstadt geht in die heiße Phase. In der Essener Zentrale des Traditionsunternehmens präsentierten gestern drei Bieter dem elfköpfigen Gläubigerausschuss ihre Rettungskonzepte. Nach den bisherigen Planungen entscheidet am Montag das zuständige Amtsgericht Essen über das Inkrafttreten des Insolvenzplans.
Angebote für die 120 Kaufhäuser mit ihren 25.000 Beschäftigten haben die deutsch-schwedische Fondsgesellschaft Triton, der Berliner Privatinvestor Nicolas Berggruen und Highstreet abgegeben. Der mehrheitlich zu Goldman Sachs gehörende Immobilienfonds hatte seine Offerte als letzter Bieter am Donnerstag eingereicht.
Bis Redaktionsschluss blieb offen, ob sich die Gläubiger noch vor dem Wochenende auf ein Angebot festlegen. Der Ausschuss kann den Termin für die Unterzeichnung des Kaufvertrags auch noch verschieben. Karstadt-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg sagte vor Beginn der Sitzung, er erwarte aber eine "Vorentscheidung".
Triton: Die deutsch-schwedische Beteiligungsgesellschaft wurde 1998 gegründet. Das Unternehmen ist zu 100 Prozent im Besitz seiner Mitarbeiter. Der Schwerpunkt der Beteiligungen liegt im Industriegüter-, Dienstleistungs- und Konsumgüterbereich. In Deutschland investierte Triton bisher unter anderem in die 2006 von Siemens übernommene Dematic und die ehemalige Evonik-Tochter Rütgers-Chemie.
Highstreet: Der ehemalige Chef der Karstadt-Konzernmutter Arcandor, Thomas Middelhoff, hatte dem Konsortium um die US-Bank Goldman Sachs rund zwei Drittel der 120 Karstadt-Warenhäuser verkauft. Die durch den Verkauf nötig gewordenen Mietzahlungen sind mit ein ein Grund für die Insolvenz der Kette. Das Konsortium, das auch Fonds der Deutschen Bank sowie den Immobilieninvestor Pirelli Re umfasst, kennt den Konzern gut - und mit dem Kaufhausbetreiber Borletti ist auch ein Branchenkenner dabei.
Nikolaus Berggruen: Der Sohn des während der Nazi-Diktatur emigrierten Berliner Kunstsammlers und Mäzens Heinz Berggruen investiert weltweit in Immobilien und andere Branchen wie etwa erneuerbare Energien - und legt dabei eigenen Angaben zufolge Wert auf langfristige Engagements. Für sein Angebot hat sich Berggruen als industriellen Partner den weltweit aktiven Textilunternehmer Max Azria ins Boot geholt. (reuters)
In Branchenkreisen werden Highstreet die besten Chancen auf den Zuschlag eingeräumt. Dem Konsortium, an dem neben Goldman Sachs auch die Deutsche Bank sowie die italienischen Unternehmen Borletti, Generali und Pirelli beteiligt sind, gehören 86 der 120 Karstadt-Warenhäuser. Es ist damit nicht nur der wichtigste Vermieter, sondern auch einer der Hauptgläubiger der zahlungsunfähigen Warenhauskette.
Während bei einer Karstadt-Übernahme durch Triton die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di einen Verlust von mehr als 4.000 Arbeitsplätzen befürchtet, sehen die Pläne Highstreets für die Belegschaft unter anderem die Erhöhung ihrer Wochenarbeitszeit von 37,5 auf 39,5 Stunden ohne Lohnausgleich vor.
Demgegenüber hat Berggruen erklärt, auf Zugeständnisse der Mitarbeiter verzichten zu wollen. Von ihnen seien "bereits derartige Zugeständnisse gemacht worden, dass jetzt Schluss sein muss". Wie Triton verlangt er jedoch deutliche Mietsenkungen - was auch der Grund für den Einstieg von Highstreet in das Bieterrennen sein dürfte.
Bedingung für eine Umsetzung des Insolvenzplans ist neben der Einigung auf einen Käufer auch ein Verzicht von Kommunen mit Karstadt-Filialen auf Gewerbesteuerforderungen in Höhe von insgesamt bis zu 140 Millionen Euro. Die Haltung von elf von 94 Kommunen ist dabei noch nicht endgültig geklärt. Görg hat ihnen eine Frist bis Montag gesetzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!