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Kapitulationsmuseum kapituliert

■ Deutsch-russischer Verein modernisiert ab Ende Mai

Berlin (taz) – Das sowjetische Museum in Berlin-Karlshorst mit dem programmatischen Namen „Museum der bedingungslosen Kapitulation des faschistischen Deutschland im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945“ hatte schon immer einen pädagogischen Anspruch. Denn hier in diesem Haus, in dem Marschall Schukow am 8. Mai die Kapitulationsunterschriften entgegennahm, sollten die in Deutschland stationierten Soldaten der sowjetischen Streitkräfte durch die Erinnerung an die heldenhaften Taten ihrer Vorgänger zu Disziplin und Kampfmoral erzogen werden. Symbol dafür: die Plastik eines Adlers mit dem Hakenkreuz in den Klauen am Boden.

Jetzt aber, wo die Nachfahren der Sieger wie geprügelte Hunde in die russische Ungewißheit ziehen, versinkt auch dieses Museum militärisch-sowjetischen Selbstbewußtseins in eine diffuse Neutralität. Am 29. Mai wird das Haus geschlossen und soll zum 50. Jahrestag des Kriegsendes, am 8. Mai 1995, an gleicher Stelle neu eröffnet werden. Pädagogisch korrekt, historisch richtig „eingeordnet“ und mit „Begegnungsräumen“ auch völkerverständigungsmäßig auf dem neuesten Stand.

Die Chance, dieses Museum zu bewahren, das Ort des Sieges über Deutschland ist und gleichzeitig den sowjetischen Blick auf die DDR erfahrbar macht, ist vertan. Nicht nur von den Deutschen, sondern auch von den Russen. Denn sie waren es vor allem, die sich einer Musealisierung vehement widersetzten. Sie fürchteten, daß dieser symbolische Ort im neuen Weltkapitalismus möglicherweise zu einer Kuriosität verkommen könnte. Nie spielte bei den erst kürzlich endgültig zum Abschluß gebrachten dreijährigen deutsch- russischen Verhandlungen die Idee eine Rolle, alles so zu lassen wie es ist, angereichert höchstens durch Erklärungstafeln und Begleitkatalog. Gewonnen haben die Museumspädagogen in Ost und West, die nichts mehr fürchten als Einseitigkeit, als ob die Besucher blöde wären.

Zukünftiger Träger der Einrichtung, die den wertfreien Titel „Museum Berlin-Karlshorst“ führen wird, ist ein Verein. Getragen wird er von drei russischen und vier deutschen Institutionen. Mit dabei: Der Hüter der deutschen Geschichte, Christoph Stölzl vom Deutschen Historischen Museum. Wenn Schüler des 21. Jahrhunderts einmal wissen wollen, wie es denn nun war mit der Präsenz der Sowjets in Berlin, werden sie lernen, wie Stölzl diese interpretierte. Denn auch das zukünftige Museum der Westalliierten und das geplante Mauer-Museum an der Bernauer Straße werden seine Handschrift tragen. Alles wird eingeebnet in den großen Lauf der Geschichte, vermutlich mit dem Fazit: Ein tragisches Jahrhundert.

In Karlshorst wird es künftig um die Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland ab 1917 gehen. Der Hitler-Stalin-Pakt, der Überfall von 1941, die Leiden der Zivilbevölkerung, der Kriegsgefangenen, der Zwangsarbeiter – all das wird im Mittelpunkt stehen. „Wir wollen die weißen Flecke in der Geschichtsschreibung auflösen ... und den Preis des Sieges deutlich machen“, hatte auch der russische Verhandlungsführer, Generalmajor Victor Jakimov anläßlich der Gründung des Trägervereins gesagt. Bleiben dürfen das Diorama über den Kampf um den Reichstag und der berühmte Saal, in dem die Kapitulationsunterschriften geleistet wurden. Aber verschwinden wird der Adler mit seinen Klauen, vielleicht auch der goldene Lenin im Eingangsbereich und wahrscheinlich auch die „Stalinorgel“ im Hof. Also besuchen Sie Karlshorst, solange es noch steht. Anita Kugler

Das Museum ist noch geöffnet bis zum 29. Mai, jeweils di.–fr. 9–13 und 15–18, sa. 9–14, so. 9–16 Uhr.

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