: Kapitalistische Logik
■ Keine verbilligten Strafvollzugsgesetze für Gefangene
Kapitalistische Logik
Keine verbilligten Strafvollzugsgesetze für Gefangene
Das Komitee für Grundrechte und Demokratie (6121 Sensbachtal) stellt im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten Gefangenen Bücher ihrer Wahl zur Verfügung. Da der Geldtopf hierfür begrenzt ist, muß das Komitee den Geldwert der Bücher für einzelne Gefangene auf 30 Mark beschränken. Selbst bei dieser Beschränkung ist das Geld meist Mitte des Jahres alle, und Gefangene können ihre Bücherwünsche an das Komitee dann frühestens erst wieder im nächsten Jahr erfüllt bekommen.
Nun versteht es sich von selbst, daß nicht wenige Gefangene, da sie nun mal im Knast sitzen, das „Strafvollzugsgesetz“ wünschen. Und das kostet in seiner kommentierten Ausgabe, herausgegeben vom Verlag C.H. Beck in München, sehr viel mehr als 30Mark.
So hat denn das Komitee am 25.3.1988 an den Verlag geschrieben und angefragt, ob dieser zum ausschließlichen Zweck des Weiterverschenkens an Gefangene dem Komitee das „Strafvollzugsgesetz“ mit Wiederverkäuferrabatt liefern könne. Der Verlag käme dabei zu seinem Geld, argumentierte das Komitee, und der Buchhandel würde auch nicht geschädigt, weil ohne Einräumung von Rabatt das Komitee einfach nicht in der Lage sei, Gefangenen das „Strafvollzugsgesetz“ zu schenken. Ergo würden diese Gefangenen zugedachten Exemplare überhaupt nicht verkauft.
Nach gut sechs Wochen Funkstille erhielt das Komitee seine Bitte an die C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung mit deren Brief vom 11.5.1988 harsch abgeschmettert: „Wir bedauern, daß wir Ihre Bitte nicht erfüllen können. 'Buchhandelsrabatt‘ steht selbstverständlich nur Wiederverkäufern zu. Jede andere Regelung verbietet die Logik ebenso wie die Preisbindung der Bücher.“
Nun, das ist kurz und vornehm formuliert. Der wahre Grund wäre aber wohl besser so formuliert: Jede andere Regelung verbietet die kapitalistische Logik. Klaus Vack, Komitee für Grundrechte und Demokratie
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