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Kapitalbeteiligung von MitarbeiternBeschäftigte sollen Firmen finanzieren

Das Finanzministerium will die Kapitalbeteiligung von Mitarbeiter an Unternehmen ausdehnen. Von der Fachwelt wird der Gesetzentwurf, der der taz vorliegt, kritisch beurteilt.

Auch bei Opel wurde eine Mitarbeiterbeteiligung vorgeschlagen. Bild: ap

BERLIN taz | Arbeitnehmer sollen ihre Unternehmen finanziell unterstützen, damit diese die Folgen des Wirtschaftseinbruchs 2009 besser verkraften. Um dieses Ziel zu erreichen, will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Beschäftigten animieren, Aktien oder andere Formen der Beteiligung an den Firmen zu kaufen, in denen sie arbeiten. Der entsprechende Gesetzentwurf liegt der taz vor.

Schäuble schlägt vor, die steuerliche Förderung der Kapitalbeteiligung auszudehnen. Bereits heute unterstützt der Staat den Aktienkauf durch Beschäftigte. Unternehmen können ihrem Personal 360 Euro pro Kopf und Jahr zusätzlich zum Lohn zahlen und diese in Kapitalbeteiligung investieren, ohne dass dafür Steuern fällig werden. Künftig soll die Förderung auch gelten, wenn die Beschäftigten eigenes Geld investieren. Die Ersparnis an Steuern und Sozialabgaben betrüge dann bis zu rund 150 Euro pro Jahr und Beschäftigtem.

Hintergrund der Initiative ist, dass das bestehende Gesetz, das erst im April 2009 in Kraft trat, seine Wirkung weitgehend verfehlt hat. Kaum ein Unternehmen nutzte die neuen Möglichkeiten, weil infolge der Krise das Geld dafür fehlte. Um den Firmen nun eine zusätzliche Möglichkeit zu geben, Kapital zu erhalten, will Schäuble die Förderung in Richtung der Mitarbeiter öffnen.

Die Fachwelt nimmt den Entwurf kritisch auf. So beklagt Heinrich Beyer vom Verband der Beteiligungsunternehmen, dass die steuerliche Förderung noch immer zu gering ausfalle. Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisiert, dass das Beteiligungskapital nicht mehr zusätzlich zum Lohn gezahlt werden solle. Dadurch könnten Beschäftigte unter Druck geraten, Lohneinbußen hinzunehmen. Und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber befürchtet eine Konkurrenz zur betrieblichen Altersvorsorge.

Davon abgesehen brachte das vergangene Jahr aber eine neue Dynamik bei der Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter. Um ihre Arbeitsplätze in der Krise zu erhalten, bot die Gewerkschaft IG Metall unter anderem bei Daimler und Opel an, Geld der Beschäftigten ins Unternehmen zu stecken.

Gegenwärtig beteiligen nur gut 4.000 Unternehmen in Deutschland, etwa 2 Prozent der Firmen, ihr Personal am Kapital. In großen Konzernen liegt die Quote etwas höher. Besonders im Mittelstand lehnen es die Eigentümer ab, Einfluss aus der Hand zu geben. Sie ziehen es vor, ihre Arbeiter und Angestellten am Gewinn zu beteiligen. Solche Zahlungen fließen in einem Drittel der Firmen.

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2 Kommentare

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  • E
    Ebs

    Ich finde diesen Artikel viel zu oberflächlich. Aus meiner Sicht ist nichts dagegen einzuwenden, daß sich Arbeitnehmer am Unternehmen, in dem sie tätig sind, beteiligen bis zur Möglichkeit, dieses Unternehmen ganz und gar zu übernehmen. Dafür gibt es in Deutschland bereits einige hervorragende Beispiele. Wenn Arbeitnehmer über eine Sperrminorität an dem Unternehmen verfügen, in dem sie tätig sind, sind solche Katastrophen wie bei Grohe, Märklin u.v.a.m. für mich kaum vorstellbar.

    In dem Konzern, in dem ich seit vielen jahren tätig bin ist garantiert, daß die durch Arbeitnehmer gezeichneten Aktien mindestens zum Ausgabepreis zurückgenommen werden. Hierfür bildet der Konzern Rückstellungen.

    Ich halte diese Entwicklung für zukunftsweisend, bin aber nicht in der Lage, die wirtschaftspolitischen Folgen, Risiken und Probleme abzuschätzen. Die in diesem Artikel aufgeführten Einwände wirken auf micht dilletantisch. Leider.

  • NF
    Norman Frey

    Ay Caramba! Endlich! Genau das ist die richtige Richtung!

     

    So hat sich Ferdinand Lassalle, ein Gründervater der SPD, das gedacht: Die Arbeiter übernehmen den Betrieb, womit der Betrieb nicht mehr dem Profit des Kapitals, sondern dem Wohlstand der Arbeit"nehmer" dient. Das nennt man "Wirtschaftsdemokratie" bzw. vor Lenins Zeiten "Sozialismus" (etwas ganz anderes als als der wohlbekannte DDR-Blödsinn).

     

    Natürlich sind die hier berichteten Schritte erstmal nur dazu da, um an mehr Geld zu kommen und die Neoliberalen um Wolfgang Schäuble werden es zu verhindern wissen, dass die Beschäftigten in den Besitz der stimrechtsfähigen Aktienmehrheit kommen. Außerdem wird der Aktienkauf vor allem reichen Mitarbeitern möglich sein. Aber sobald Arbeitnehmer eines Unternehmens stimmrechtsfähige Aktien und somit Einfluss aufs Unternehmen in der Hand haben, macht es Unternehmen, wie die Mondragon-Genossenschaft im Baskenland, die seit Jahrzehnten erfolgreich und wirtschaftlich von den Mitarbeitern geführt wird, in diesem Land zumindest denkbar.

     

    Weitere Gedanken von mir dazu, wenn auch sehr verkürzt, sind hier nachzulesen: http://koop.blogsport.de/manifest/ (wenn das schon als Spam gilt, kann er letzte Absatz auch 'raus; die davor sind wichtiger)