Kaninchen sollen Parkhaus weichen

Münsteraner CDU und FDP wollen ein 20-Millionen-Euro-Parkhaus bauen. Grüne und SPD wollen die „teuersten Parkplätze der Republik“ zum Spitzenthema im Kommunalwahlkampf machen. Bürgerinitiativen kündigen Klagen an

MÜNSTER taz ■ Ein noch nicht existentes Parkhaus bestimmt den Kommunalwahlkampf im Münster. Unter der bisher von Kaninchen und Skulpturen bevölkerten Wiese auf dem Verkehrsverteiler am Ludgeriplatz soll nach dem Willen von CDU und der FDP eine Tiefgarage mit 400 Stellplätzen entstehen. Über dem Parkhaus soll ein See angelegt werden. Finanziert werden soll der 20 Millionen Euro teure Umbau je zu einem Viertel aus dem städtischen Sammeltopf für Stellplatzablöse, von der Westfälischen Bauindustrie Münster (WBI) als Bauherr und Betreiber, der Sparkasse Münster und der Stadt, die für die Oberflächengestaltung aufkommt.

„Das werden die teuersten Parkplätze der Republik“, sagt Marcus Löwer, Sprecher der Bürgerinitiative „Keine Tiefgarage Ludgeriplatz“. „Rechnet man die Investitionskosten auf die Stellplätze um, dann sind das 60.000 Euro für einen Parkplatz.“ Deshalb will die Bürgerinitiative gegen den Bau klagen.Auch die Grünen protestieren. Sie wollen das noch nicht vorhandene Loch unter dem Ludgeriplatz zum Spitzenthema im Kommunalkampf machen. „Verkehrspolitisch ist das die falsche Weichenstellung“, sagt Fraktionsgeschäftsführer Thomas Marczinkowski. Durch das Parkhaus werde die Innenstadt zusätzlich mit Verkehr belastet.

Der Grüne weiß die Mehrheit der Münsteraner hinter sich: In einer Umfrage des Instituts für Soziologie der Uni Münster sprachen sich 70 Prozent der Bürger gegen die Tiefgarage aus. Nach Meinung der Grünen soll das Geld für die Umgestaltung dafür genutzt werden, um den Münsteraner Hauptbahnhof zu sanieren.

Das sieht auch die SPD so: „Der Bahnhof ist der Schandfleck der Stadt“, sagt Fraktionsgeschäftsführer Alexander Kujat. „In eine Sanierung sollte man auch kommunales Geld reinstecken.“ Allerdings hält auch er neue Parkplätze grundsätzlich für notwendig. Die SPD schlägt alternativ zur Ludgeri-Tiefgarage einen billigeren Parkplatzbau an der Georgskommende vor.

Die CDU ist für den Kompromissvorschlag der Sozialdemokraten jedoch nicht zu haben: „Die Grünen sind wenigstens konsequent in ihrer Ablehnung, die SPD laviert herum“, kritisiert Fraktionsgeschäftsführer Veit Baecker die Opposition. Die Innenstadt benötige dringend neuen Parkraum, vor allem weil in den neunziger Jahren unter Rot-Grün viele Stellplätze verschwunden seien.

Urheber der Tiefgaragen-Pläne ist übrigens nicht die CDU, sondern die FDP. „Wir befürworten das schon seit zehn Jahren“, sagt Carola Möllemann-Appelhoff, die für die Liberalen als Oberbürgermeister-Kandidatin antritt. Der CDU-Vorschlag geht ihr nicht weit genug. „In dem Entwurf ist der einzelne Parkplatz schon relativ teuer,“ sagt sie. Ihr Vorschlag: Die Zahl der Stellplätze soll von 400 auf 800 erhöht werden und an die Stelle der städtischen Tochterfirma WBI solle ein privater Investor treten. „Der Einzelhandel braucht das“, sagt Möllemann-Appelhoff, „kaum jemand fährt mit Bus und Bahn zum Einkaufen in die Stadt.“

Doch die ansässigen Einzelhändler an der Hammer Straße protestieren: Sie haben sich zu einer Interessengemeinschaft gegen die Tiefgarage zusammengeschlossen. Deren Sprecher Dirk Andresen prophezeit: „Zwei Jahre Bauarbeiten, da bleiben die Kunden weg, das wird kaum einer überleben.“ Der Ludgeriplatz müsse wegen seiner „identitätsstiftenden Funktion“ für Münster in seiner jetzigen Form bestehen bleiben, sagt auch Markus Löwe von der Bürgerinitiative. Allein schon wegen der Kaninchen. KLAUS JANSEN