Kandidatinnenkür: Fronzek macht Ernst
Die Elmshorner Bürgermeisterin Brigitte Fronzek will Spitzenkandidatin der SPD in Schleswig-Holstein werden. Statt in Straßen will sie in Bildung investieren.
Sie wollte mit ihrer Kandidatur ein Duell verhindern und befindet sich nun in einem Vierkampf: Brigitte Fronzek, Bürgermeisterin der Stadt Elmshorn. Ende September hatte sie ihre Kandidatur angekündigt - und sich in den Urlaub nach Usbekistan verabschiedet. Damals hatte sie nur zwei Mitbewerber, den SPD-Landesvorsitzenden Ralf Stegner und den Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig. Inzwischen ist noch der weithin unbekannte Kieler Matthias Stein hinzugekommen, der Supermarktleiter Dieter Schnau aus Nordfriesland hat zurückgezogen.
Auf ihre Rolle als Außenseiterin angesprochen, entgegnet Fronzek: "Ich bin als Bürgermeister-Kandidatin gegen einen SPD-Amtsinhaber angetreten." Da habe man ihr auch vorgehalten, in eine chancenlose Kandidatur zu gehen. Sie will, dass es nicht darum geht, "wie viele Haare jemand auf dem Kopf hat", sondern, dass um Inhalte gerungen wird. "Schmerzhafte Ehrlichkeit" fordert sie ein: "Wir müssen sagen, wo wir sparen können und wo wir lieber nicht sparen können." Wichtig sei ihr vor allem die Bildungspolitik, aber auch Kultur, Umwelt, Tourismus und eine Stärkung der Kommunen. Sparen will sie bei der Infrastruktur: "Ich glaube, dass wir zu viel in Straßen investieren", sagte sie. Man müsse fragen, ob sich das Land Projekte wie die Fehmarnbelt-Querung noch leisten könne, wenn man die Schulen nicht in Ordnung halten könne und nicht genug Lehrer da seien. Außerdem will sie an der Bürokratie sparen. Fronzek meint, mit dieser Prioritätensetzung unterscheide sie sich klar von Ralf Stegner: "Er stellt gerne viele Sachen gleichzeitig nach vorne - das geht nicht mehr." Von Albig kenne sie keine Positionen.
Fronzeks Kandidatur hat für besondere Aufmerksamkeit gesorgt, weil die meisten Beobachter sich schon auf einen Zweikampf zwischen Ralf Stegner und Torsten Albig eingestellt hatten - zwischen zwei Politikstilen. Bei seinem Wahlkampf um das Oberbürgermeister-Amt in Kiel trat Albig sehr sachlich und wenig polemisch auf - anders als Stegner, der sich durch seine aggressive Art viele Feinde gemacht hat. Dieses Image hat er durch freundlicheres Auftreten versucht zu revidieren, das gelingt allerdings nur mäßig.
Dass auch Albig auf Höflichkeiten im Zweifel verzichtet, zeigte sich bei seiner Kandidatur: Diese deutete sich in einer Vorstandssitzung der Kieler SPD an, sickerte zu einer Zeitung durch. Stegner erfuhr davon aus dem Radio. Albig sagt, er habe die SPD-Zentrale "in Kenntnis gesetzt". Das müsse reichen.
Bei so einem Ton wurde schnell vermutet, einer der beiden Kandidaten habe Fronzek losgeschickt, um das Unterstützer-Lager des jeweils anderen zu spalten. Dem trat Fronzek entgegen "Ich kandidiere für mich." Die Bürgermeisterin, die für die Pressekonferenz als Privatperson einen Saal in ihrem Dienstsitz gemietet hatte, betonte dann auch, dass sie mit Stegner und Albig vorher gesprochen habe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag