Kampfhubschrauber-Einsatz im Irak: US-Armee tötet Zivilisten
Die US-Streitkräfte haben eingeräumt, nahe Bagdad mindestens neun Zivilisten getötet zu haben, darunter ein Kind. Zeugen sprechen von rund 20 Opfern.
BAGDAD afp/ap/rtr Die US-Armee hat bei einem Einsatz gegen das Terrornetzwerk El Kaida im Irak mindestens neun irakische Zivilisten getötet, darunter auch ein Kind. Drei weitere Zivilisten, unter ihnen zwei Kinder, seien bei dem Vorfall am Samstag in der Gegend der Stadt Iskandarija verletzt worden, teilte die US-Armeeführung am Montag mit. Nach Polizeiangaben feuerte ein US-Kampfhubschrauber auf einen Kontrollpunkt lokaler Sicherheitskräfte.
Iskandarija liegt etwa fünfzig Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt Bagdad. Zeugen hatten zuvor von etwa zwanzig getöteten Zivilisten gesprochen, darunter 17 Mitglieder einer einzigen Familie. Eine Untersuchung des Vorfalls sei im Gange, hieß es in der Erklärung weiter.
Die US-Streitkräfte hatten zuvor die Terrororganisation Al Kaida im Irak für die verheerenden Bombenanschläge mit fast 100 Todesopfern verantwortlich gemacht. Die Al Kaida benutze die Schwächsten der Gesellschaft für ihre Taten: Kinder, Frauen und sogar geistig Behinderte, sagte Militärsprecher Gregory Smith vor Journalisten in Bagdad. Die Organisation demonstriere damit ihre Verzweiflung und zeige, wie weit sie bereit sei zu gehen in dem Versuch, die leuchtende Zukunft des Iraks zu zerstören.
"Wir verurteilen die Al Kaida im Irak, die für diese Anschläge verantwortlich ist", sagte Smith. Zwei gewaltige Sprengsätze, die zwei geistig behinderte Frauen am Körper trugen, kosteten am Freitag mindestens 99 Menschen das Leben. 144 Menschen wurden verletzt. Die vom Down-Syndrom betroffenen Frauen waren sich höchstwahrscheinlich nicht darüber im Klaren, dass sie als Selbstmordattentäterinnen eingesetzt wurden. Die Bomben wurden mittels Fernzündung zur Explosion gebracht.
Beobachter befürchteten deshalb eine mögliche neue Taktik der Terrorgruppe Al Kaida im Irak. In letzter Zeit wurden mehrere Attentate von Frauen verübt, da diese von den Sicherheitskräften in der Regel weniger kontrolliert werden. Behinderte wurden bislang allerdings nur selten als Täter missbraucht. An dieser perfiden Bluttat lasse sich erkennen, dass Al Kaida "die brutalste und heruntergekommenste aller Bewegungen" sei, sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice in Washington.
Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki verurteilte die Anschläge als Versuch, ein normales Leben in der Hauptstadt zu verhindern. Die Täter stellten damit ihren "Hass auf die Menschheit und auf alle Iraker" unter Beweis, hieß es in einer Erklärung des Regierungschefs.
Es war der blutigste Tag in Bagdad seit dem 18. April 2007, als bei der Detonation einer Autobombe 116 Menschen in den Tod gerissen wurden. Die Zahl der schweren Anschläge ging deutlich zurück, seit die USA im Februar vergangenen Jahres 30.000 zusätzliche Soldaten in den Irak schickten.
Bombenanschläge und Granatangriffe kosteten am Sonntag drei Iraker das Leben, darunter der Fahrer eines ranghohen Mitarbeiters des Innenministeriums. Die US-Streitkräfte meldeten den Tod eines US-Soldaten am Samstag in der Provinz Ninive. Der Soldat sei nicht bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen, hieß es.
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