Kampf um digitale Rechte : Formatkrieg um Hollywood

Während im Musikbereich der Trend zu kopierschutzfreien Downloads geht, vernagelt Hollywood bei Filmen und TV-Shows seine Produkte weiterhin. Experten glauben nicht, dass sich das ändert. Im Gegenteil.

Bei Apples iTunes erworbene Videos laufen nur auf maximal fünf vorher per Passwort freigegebenen Rechnern sowie mit ihnen assoziierten iPhones und iPods. Bild: screenshot iTunes

Wie einfach bezahlte Internet-Downloads sein können, erlebt man das letzte halbe Jahr über bei großen Online-Musik-Shops wie iTunes oder Musicload: Die stellen ihr Angebot schrittweise auf kopierschutzfreie Dateiformate wie AAC oder MP3 um. Der Vorteil: Niemand muss sich mehr Sorgen darüber machen, dass seine legal erworbene Musik eines Tages nicht mehr funktioniert, weil ein Anbieter seinen Zentralrechner für das so genannte "digitale Rechtemanagement" (DRM) abdreht. Einmal erworben, laufen diese Songs und Alben garantiert immer, der zahlende Nutzer wird auch nicht mehr mit der Eingabe von Passwörtern und einer so genannten "Autorisierung" gegängelt. Außerdem funktionieren kopierschutzfreie MP3s oder AACs auf fast jedem Abspielgerät, sei es nun ein Apple iPod oder ein Musikspieler mit Microsoft-Technik. Der Kunde kann sich also endlich aussuchen, mit welchem Gerät er unterwegs sein will. Diese Umstellung hin zu mehr Kundenfreundlichkeit hat die großen Musikfirmen viel Überwindung gekostet - noch vor wenigen Jahren hätten selbst intensive Marktbeobachter nicht vermutet, dass es dann doch so schnell ging. Die Angst vor mehr Raubkopien war anfangs viel zu groß, doch inzwischen hat die Branche erkannt, dass dieses Problem auch nicht durch das Verärgern legitimer Kunden zurückgeht - ganz im Gegenteil, nahm es doch noch zu. Bei Filmen und TV-Shows, dem anderen Wachstumsmarkt im Geschäft für bezahlte Downloads, sieht es hingegen noch ganz anders aus. Wie bisher die Musikindustrie setzen Hollywood und die europäischen Medienkonzerne hier auf harte Kopierschutzverfahren. So funktionieren in Apples iTunes erworbene Videos nur auf maximal fünf vorher per Passwort freigegebenen Rechnern sowie mit ihnen assoziierten iPhones und iPods. Kauft man bei der Konkurrenz Videoload ein, gilt ähnliches für eine Windows-Abspielsoftware sowie passende Musikspieler mit Microsoft-Technik. Über allem schwebt dann zusätzlich noch das Damokles-Schwert eines Tages möglicherweise abgeschalteter DRM-Server. Die Problematik könnte in den nächsten Jahren noch schlimmer werden: Es droht ein Formatkrieg zwischen Apple, dem in den USA und vielen anderen Regionen der Erde beliebtesten Download-Anbieter, und einer neuen Technologie, die ein Konsortium aus Unterhaltungs- und Elektronikbranche vorantreibt. Letzteres will das so genannte Interoperabilitätsproblem, bei dem verschiedene kopiergeschützte Formate untereinander inkompatibel sind und die Kunden so verärgern, endlich mit einem einheitlichen Standard lösen. Diese "DECE" genannte Technik setzt allerdings nicht auf die einfachste Methode, das Problem zu lösen, nämlich die Kopierschutzfreiheit. Stattdessen ist geplant, ein zentrales digitales Rechtemanagement zu implementieren, mit dem die Medienkonzerne ihre Kunden weiter kontrollieren können, dies aber über deutlich mehr Geräte hinaus. Der Formatkrieg droht nun, weil Apple mit seinem iTunes am DECE-Konsortium nicht teilnehmen will. Das würde bedeuten, dass DECE-Inhalte nicht auf iPods und iPhones laufen, iTunes-Inhalte wiederum nicht auf DECE-Geräten. Hinter DECE steckt ein mächtiges Firmengeflecht: Der US-Elektronikmarktriese Best Buy ist ebenso dabei wie Sony, die IT-Firmen Cisco, Microsoft, HP und Intel sowie Inhalte-Anbieter wie Paramount/Viacom und Lionsgate. Dort hofft man auf die Eroberung großer Marktanteile: "Wenn wir das richtig machen, haben wir das Potenzial, einen sehr großen Sektor zu erreichen", meint ein DECE-Manager, der mit einem Volumen von fünf bis sechs Milliarden Dollar jährlich rechnet. Sollte sich DECE tatsächlich durchsetzen, würde die Situation in der TV- und Kinobranche dem entsprechen, was es im Musikgeschäft zur Einführung von Apples iTunes gab: Damals standen sich der Computerkonzern und die von Microsoft unterstützten "Windows Media"-Kopierschutzformate gegenüber. Der Kunde war in der Mitte gefangen - er musste sich entscheiden, welche Technik er wollte und konnte dann nicht mehr zurück. Das Ergebnis ist bekannt: Inzwischen wird der Kopierschutz ganz aufgegeben. Gut möglich, dass diese Erkenntnis in einigen Jahren auch in Hollywood ankommt. Zuvor könnte es nun aber einen neuerlichen Formatkrieg geben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.