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Kampf um StudienplätzeDas Master-Desaster

Um den Ansturm auf das BWL-Masterstudium zu bewältigen, hat die Hamburger Universität ein externes Unternehmen mit einem Qualifikationstest beauftragt. Der kostet 97 Euro und muss von den Studenten bezahlt werden.

Unzufrieden mit dem Bachelor-Master-System: Plakat einer Studentin aus Osnabrück. Bild: dpa

Tina Streiff müsste eigentlich gute Chancen haben: Im Abitur hat sie die Note 1,4, den Bachelor in Betriebswirtschaftslehre machte sie mit 1,6, im Lebenslauf stehen diverse Auslandsaufenthalte.

Trotzdem hat sie keinen BWL-Masterstudienplatz in Hamburg bekommen - wie 970 andere Bewerber auch. Streiffs Problem: Sie hat an einem Studienqualifikationstest, der neben der Bachelor-Note 50 Prozent zählt, nicht teilgenommen. Tina Streiff hat in der Zeit ein Praktikum in München gemacht. "An der Uni hat man mir gesagt, dass ich mir mit meinem Schnitt keine Sorgen machen muss", sagt sie. Der Test sei nicht obligatorisch gewesen.

An der Universität Hamburg haben sich zum Wintersemester 1.140 Studieninteressierte auf die 170 Plätze im BWL-Masterstudiengang beworben. Weil die Abschlussnoten der Universitäten nicht vergleichbar seien, kam die Wiso-Fakultät auf die Idee mit dem Studierfähigkeitstest. Die Uni beauftragte das externe Unternehmen ITB Consulting, das sich auf Eignungstests spezialisiert hat, den so genannten Studierfähigkeitstest TM-Wiso zu entwickeln. Alle Teilnehmer mussten 97 Euro bezahlen.

Der TM-Wiso Test

Der Test kostet 97 Euro und dauert sechs Stunden.

Das Konzept sieht vor, dass im Durchschnitt nur die Hälfte der Aufgaben gelöst werden kann.

Abgefragt werden vier Aufgabengruppen: Planen in Studium und Beruf, Texte analysieren, wirtschaftliche Zusammenhänge analysieren, Wirtschaftsgrafiken interpretieren

Die lange Bearbeitungszeit stellt hohe Anforderungen an die psychische und physische Belastbarkeit

Wer ein ärztliches Attest einreicht, kann den Test nachschreiben - das kostet 50 Euro zusätzlich.

"Für die Studenten bringt der Test Fairness beim Bewerbungsverfahren", sagt Stephan Stegt, Projektleiter bei ITB. Nur die Bachelor-Note zugrunde zu legen, sei keine Alternative, weil die Unis verschieden streng benoten. "Die Studenten fühlen sich veräppelt, wenn sie schlechtere Karten haben als Leute von anderen Unis."

Um die Studierfähigkeit zu testen, nutzen viele Wirtschaftshochschulen den internationalen GMAT (Graduate Management Admission Test), der von mehreren renommierten Wirtschafts-Unis entwickelt wurde. 100.000 Studenten nehmen jährlich daran teil, Kostenpunkt: 250 Dollar. Weil dieser Test bekannt sei, ließe er sich zu leicht trainieren, sagt ITB-Projektleiter Stegt.

Ziel der Bologna-Reform, mit der das Bachelor-Master-System eingeführt wurde, war unter anderem, die internationale Vergleichbarkeit der Abschlüsse herzustellen. Innerhalb Deutschlands müssten eigentlich die Länder dafür sorgen, "dass die Nachweise innerhalb eines Landes und im Verhältnis der Länder hinsichtlich der jeweiligen Anforderungen und Bewertungen vergleichbar sind", so steht es im Hochschulrahmengesetz.

Tina Streiff hilft das nicht. "Ich finde es traurig, dass mir mit dem besten Bachelorabschluss kein Platz zugesichert wird", sagt sie. Sie wäre gerne in Hamburg geblieben, fängt jetzt aber an der Ludwig-Maximilians-Universität in München an.

Gingen die Bologna-Reformer noch davon aus, dass der Bachelor als Regelabschluss ausreichen sollte, hat sich inzwischen gezeigt, dass der Bachelor bei vielen Arbeitgebern nicht als ausreichende Berufsqualifizierung gilt. An allen Hamburger Fakultäten gibt es darum für das Masterstudium mehr Bewerber als Plätze. Wie die Master-Bewerber ausgewählt werden, darf jede Fakultät selbst entscheiden. "In dem Dickicht an Bestimmungen verlieren auch die Mitarbeiter der Universität den Überblick und geben falsche Auskünfte", sagt Rechtsanwalt Joachim Schaller, der sich auf Hochschulrecht spezialisiert hat. Wie im Falle Tina Streiffs. Es dürfe nicht sein, dass sich jede Fakultät etwas anderes ausdenke, sagt Schaller. "Das muss klar gesetzlich geregelt werden."

Das Problem wird sich eher noch verschärfen - wenn die doppelten Abiturjahrgänge, die seit diesem Wintersemester an die Hochschulen drängen, mit ihrem Bachelor fertig sind. Das wird 2013 der Fall sein.

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7 Kommentare

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  • M
    Mark85

    Das Problem sind die knappen Masterplätze. Hier wird ein Großteil der Studenten dequalifiziert, um Gelder im Sektor Bildung zu sparen.

    Das wird noch schlimmer werden. Schlaue Köpfe verlassen am besten schon in jungen Jahren Deutschland und gehen in Ländern, die ihnen eine angemessene Bildung ermöglichen.

     

    Das Problem liegt aber nicht nur bei der Politik. Große Schuld tragen auch die Hochschulen. Diese halten den Bachelor klein (meist 6 statt 8 Semester), um ihre Masterangebote attraktiv zu halten (das schadet dem Bachelor, der dadurch zweitklassig ist).

     

    Leidtragende sind ein Großteil der Studenten, die verschlissen werden. Das Zauberwort heißt AUSWANDERN und seine Steuern anderweitig bezahlen.

  • SA
    Stefan Allmendinger

    Warum gibt niemand zu, dass die Bologna-Reform von den Verantwortlichen in skandalöser Weise in den Sand gesetzt wurde. Wenn man bedenkt, dass Ziel der Reform eine Vergleichbarkeit der Studienabschlüsse europaweit war und das Ergebnis nun ist, dass die Abschlüsse nicht einmal mehr zwischen den deutschen Universitäten vergleichbar sind ist die Frage erlaubt, wer eigentlich hierfür die Verantwortung trägt. Mit nur etwas Vorstellungskraft in den zuständigen Ministerien oder inb den Uni-Rektoraten, wäre dieses Desaster vorhersehbar gewesen!

  • MN
    martin nell

    In dem Beitrag erweckt Frau Heckendorf den Eindruck, der Einsatz eines Auswahltestes beim Master BWL in Hamburg sei irgendwo zwischen desaströs und skandalös einzuordnen. In dem Artikel lässt sich aber kein Argument finden, das diese Einschätzung belegt. Wenn es so ist, dass sich die Bachelor-Abschlussnoten zwischen einzelnen Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien systematisch und erheblich unterscheiden, so ist es in hohem Maße ungerecht, knappe Masterplätze nur nach diesen Noten zu vergeben. Dies ist am Beispiel des Auswahlverfahrens an der Uni Köln auch hinreichend in der überregionalen Presse diskutiert worden. Als weiteres Kriterium kommt bei einem Studiengang dieser Größenordnung nur ein Test in Frage, da andere Auswahlkriterien wie Motivationsschreiben, Referenzschreiben oder Auswahlgespräche weder praktikabel noch hinreichend objektiv sind.

    Der Test war anscheinend sehr erfolgreich, da er die Nachteile von Studierenden aus Bachelorprogrammen, in denen eher hart zensiert wird, teilweise ausgleicht. So erhielten viele Absolventen von Unis mit eher harten Anforderungen, wie etwa Hamburg oder Köln, einen Masterplatz, den sie bei einer Auswahl nur nach Bachelornote nicht bekommen hätten.

    Frau Streiff scheint mir eine denkbar ungeeignete "Kronzeugin" gegen den Ausahltest zu sein. Sie hat sich bewusst gegen ine Testteilnahme entschieden, obwohl sie wusste, dass sie dadurch ihre Chancen mindert. Das ist vollkommen legitim aber sie ist das Risiko eingegangen und hat sich verzockt. Das ist bedauerlich für sie, aber sicher kein strukturelles Problem.

  • SS
    Stephan Stegt

    @Koi Woi: Ich kenne die Zahlen nur für die den BWL-Masterstudiengang der Universität Hamburg. Hier gab es etwas mehr als 1000 BewerberInnen auf 170 Studienplätze.

     

    Von den BewerberInnen mit Bachelorabschluss in Hamburg erhielten 66 Prozent ein Studienplatzangebot. Bei einer Auswahl ausschließlich nach Bachelornoten wären es nur 33 Prozent gewesen. Der TM-WISO konnte somit die Fairness gegenüber den Hamburger BachelorabsolventInnen (die sonst aufgrund der hohen Anforderungen und der strengen Benotung in Hamburg benachteiligt gewesen wären) verbessern.

  • KH
    Katharina Heckendorf

    Da sich an der Uni Hamburg viele Bachelor-Absolventen bewerben, die ihren Abschluss woanders gemacht haben, kann ich zu den "Übergangszahlen" wenig sagen. Allerdings gab es insgesamt 2497 Plätze und 5773 Bewerber. Betriebswirtschaft:

    170 Plätze, 1.140 Studieninteressierte.

    Auch die Notenschwelle ist so einfach nicht abzulesen, da der Test neben der BA-Note 50 Prozent zählt.

    Alle weiteren Antworten finden Sie sicher auf der Website der Universität oder beim Asta.

    Beste Grüße

  • SS
    Stephan Stegt

    Ich möchte den Beitrag gerne noch ein wenig ergänzen:

    - Zur Testdauer: Der TM-WISO dauert 3:50 h.

    - Zum "externen Anbieter": ITB ist das frühere Institut für Test- und Begabungsforschung und entwickelt seit fast 40 Jahren Tests, u.a. den Test für die Studienstiftung des deutschen Volkes und den Test für Medizinische Studiengänge. Der TM-WISO wurde nicht von ITB alleine, sondern in enger Kooperation gemeinsam mit der Universität Hamburg entwickelt.

    - Zur "Trainierbarkeit": Die geringe Trainierbarkeit des TM-WISO liegt in erster Linie in der Art der verwendeten Aufgaben begründet, sie hat nichts oder nur sehr wenig mit der Bekanntheit des Tests zu tun.

    Stephan Stegt, ITB Consulting GmbH

  • KW
    Koi Woi

    Hallo,

     

    wo findet man Bewerberzahlen des Übergangs BA->MA? Was ist idR. die Notenschwelle für einen Masterplatz in BWL (oder auch gern allgemein?

     

    Vielen Dank

     

    K