Kampf um Platz am Strand (Teil 1): Sommerliebe Sonnenliege
Italienische Behörden wollen nun das berühmte Handtuch zur Reservierung des Strandplatzes bestrafen. Und das ist absolut angemessen.
Sie ist begehrt, umschwirrt und ganz schnell vergeben. Selbst wenn sie massenhaft, in Reih und Gied und im immer im selben Oufit – am liebsten weiß-blau gestreift, orange oder zitronengelb, auf jeden Fall sommerlich bunt – an unseren Stränden auftritt: Sie steht für Sommer, Sonne, gute Laune. Mit verstellbaren Armlehnen, mit oder ohne Sonnendach, weich gepolstert oder durchhängend rückenfeindlichen Leinen bespannt, ohne Ablegefläche für die Beine oder als komplette Liegefläche: Die Strandliege ist das Sommer-Accessoire.
Um sie wird gekämpft. Engländer gegen Deutsche in Spanien, Belgier gegen Holländer und Deutsche in Italien, so berichten die Medien. Die Nordmänner erobern sie, wenn nötig mit Streit und lautem Gezeter. Dass es dabei immer um nationale Auseinandersetzungen geht, ist ein ein gern ausgeschlachtetes Gerücht: Auch Bayern stehen, wenn nötig, um 5 Uhr morgens auf und belegen sie mit ihrem Handtuch, damit der schnarchende Schwabe im Nachbarzimmer nicht eher Besitz von ihr ergreift.
Denn sie verspricht nicht nur Wohlbefinden, Entspannung und einen unbedingten Platz an der Sonne. Sie ist der Garant für einen gelungenen Strandurlaub, den Abstecher ins Paradies. Sie ist vor allem auch strategischer Ausgangspunkt für sinnliche Genüsse, für den erotischen Augenschmaus nicht nur an den Stränden des Mittelmeers.
Sehen und gesehen werden, mit oder ohne Schmerbauch. Sonne, Sand und Wasser prickelnd auf der gebräunten Haut. Zeit zu schauen, träumen, dösen, flirten, nichts tun. Jeder beobachtet jeden. Tagträumereien und Flirts, offen oder versteckt. Auf der Haut prickelnde Genüsse: Der Körper, „das strahlende Zentrum, um das sich das zeitgenössische Badespektakel orchestriert“, schrieb schon der französische Soziologe Jean-Didier Urbain in seiner Studie Sur la plage“ (Paris 1995).
Wider den Platzhirsch
Dass um sie, die Strandliege, gekämpft wird, wundert nicht. Schon gar nicht in Zeiten der Hochkonjunktur an italienischen und spanischen Stränden. Sie platzen ob der politischen Krisen auf der anderen Seite des Mittelmeers, in Tunesien, Ägypten und der Türkei, aus allen Nähten. Da muss man sich schon bemühen, eine abzukriegen.
Den italienischen Behörden ist das ein Dorn im Auge. Beamte der Küstenwache sind nun angewiesen, die Übergriffe mit saftigen Bußgeldern zu ahnden: 200 Euro soll es kosten, wenn man sich auf den überfüllten Stränden Italiens einen Platz an der Sonne reserviert. Das ist gut so. Respekt für ein lange unterschätztes Objekt der Begierde. Denn engstirnige Platzhirsche haben nichts zu suchen auf ihr, die das Strandleben verkörpert.
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