piwik no script img

Kampf gegen Tabakindustrie„Öko“ und ungesund

„American Spirit“ steht für ökologischen Tabak ohne Pestizide und Schadstoffe. Bezirksamt Altona findet, damit dürfe man nicht werben.

Auch mit „American Spirit“ ist das Rauchen am Ende nicht gesund. Foto: DPA

HAMBURG taz | Mit der Zigarettenmarke American Spirit sollte die indianische Tradition weltweit wiederbelebt werden: Natürliches Rauchen ohne chemische Zusatzstoffe. Doch dieses Versprechen hat die Firma Santa Fe Natural Tobacco jetzt in Schwierigkeiten gebracht.

Wegen verbotener Werbung auf Tabakprodukten leitete das Bezirksamt Altona ein Verfahren gegen das Unternehmen mit Sitz in Hamburg ein. Die Bezeichnungen „organic“ und „aus ökologischem Anbau“ verstießen gegen das Tabakgesetz. Und das, obwohl der Tabak tatsächlich ökologisch gewonnen wird. Das bescheinigte das amerikanische Landwirtschaftsministerium.

Ökologisch bedeutet, dass der Tabak ohne Pestizide und künstliche Düngemittel angebaut wird. Damit erfüllt die Marke American Spirit auch die Kriterien der EU-Öko-Verordnung.

Die Behörde kritisiert nun, dass die Marke ihren Konsumenten eine gesündere Zigarette vorgaukle. Dass der Tabak natürlich hergestellt wird, sei egal. „Es ist Grotesk auf den Anbau hinzuweisen“, findet Pressesprecher Armin Valet von der Verbraucherzentrale in Hamburg. Das Image von Natürlichkeit und Gesundheit sei irreführend für die Konsumenten.

Auch nicht gesünder

Gesünder als andere Zigaretten sind American Spirit tatsächlich nicht. Nikotin und krebserregender Teer entstehen bei jeder Zigarette – ob vermeintlich „öko“ oder nicht. Auch sind Filter und Papier der Tabakprodukte nicht schadstofffrei.

Qualmendes Geschäft

Jeder vierte Hamburger ist Raucher. Trotzdem nimmt laut Mikrozensusdaten des Statistischen Bundesamtes die Raucherquote seit mehreren Jahren ab.

Im Jahr 2013 verkaufte die Tabakindustrie sechs Prozent weniger Zigaretten als im Jahr 2011.

Santa Fe Natural Tobacco erzielt weiterhin Gewinne: 2013 machte die Zigarettenfirma über 130 Millionen Euro Umsatz in Deutschland. Das sind 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr.

Als Ursache wird die steigende Tabaksteuer genannt. Auch der Staat gewinnt mit dem Tabakverkauf. Von April bis Ende Juni letzten Jahres versteuerte die Tabakindustrie Waren im Wert von über sechs Milliarden Euro.

Dass die Produkte vom Markt müssen, stützt auch eine neue EU-Tabakrichtlinie. Darin heißt es: Tabakprodukte dürften keine „Merkmale aufweisen, die suggerieren, dass ein bestimmtes Tabakerzeugnis natürliche oder ökologische Eigenschaften“ habe. Die Richtlinie muss bis Mai 2016 umgesetzt werden.

Die Kritik ist nicht neu. Seit 2010 darf der Konzern in Deutschland nicht mehr mit dem Begriff „Bio-Tabak“ werben. Erst am Donnerstag beschwerte sich die amerikanische Lebensmittelüberwachungsbehörde „Food and Drug Adminstration“ (FDA) über das Unternehmen. Die Begriffe „natural“ und „zusatzstofffrei“ seien irreführend. Ein Zusammenhang zwischen den beiden Verfahren ist nach Auskunft des Bezirksamts Altona möglich.

Die Zigarettenfirma hat bis zum 11. September Zeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. „Wir werden jeden Schritt prüfen“, sagt Geschäftsführer Bernd Michahelles. Zu einer weiteren Stellungnahme war das Unternehmen am Montag nicht bereit.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • "Das Image von Natürlichkeit und Gesundheit sei irreführend für die Konsumenten."

    Nach der Logik dürfte auch kein Schweinefleisch mit dem Öko-Stempel verkauft werden. Das ist ja erwiesener Maßen auch gesundheitsschädlich, wenn man zu viel davon konsumiert. Der Raucher der sich für A.S. entscheidet, möchte ja nur nicht, dass für seinen "Genuß" die Umwelt leidet. Ausserdem steht ja auch bei A.S. drauf, wie gefährlich Rauchen ist. Meiner Meinung nach sollte sich das Bezirksamt eher mal damit beschäftigen, wie man die Feinstaubbelastung in Altona durch Autos und LKW's in den Griff bekommt, als hier wieder den Leuten das Qualmen zu vermiesen.