Kampf gegen Schweinegrippe: China macht auf Musterknabe
Weil sie 2003 die Sars-Epidemie zunächst verheimlichten, sind Chinas Behörden bei der Schweinegrippe übereifrig.
In China geht die Angst vor einer Krise wie vor sechs Jahren um. Damals legte die Lungenkrankheit Sars Wirtschaft und Verkehr wochenlang lahm. Die Bevölkerung geriet in Panik, weil die Regierung zunächst versucht hatte, den Ernst der Lage zu vertuschen. Jetzt aber soll alles offengelegt werden, versichert Chinas Führung. Um die Bürger vor einer Epidemie zu schützen, veröffentlicht das Gesundheitsministerium täglich die neuesten Meldungen über die Schweinegrippe auf seinen Webseiten. Die örtlichen Gesundheitsämter und Krankenhäuser wurden angewiesen, die Gefahr einer Epidemie "sehr ernst" zu nehmen. Schweinefarmen sollen streng kontrolliert werden. Das Fernsehen berichtet ausführlich über Vorsorgemaßnahmen in Hospitälern.
Bis Montagmittag wurde in China allerdings nur ein Patient mit dem H1N1-Virus entdeckt. Dabei handelt es sich um einen 25-jährigen Mexikaner, der am Donnerstag mit dem Flugzeug über Schanghai in die südliche autonome Küstenstadt Hongkong reiste und dort erkrankte. Der Mann wird in einem Hongkonger Hospital behandelt. Sein Zustand sei stabil, heißt es.
Alle Direktflüge aus Mexiko nach China wurden vorerst gestrichen. In den kommenden Tagen soll eine Sondermaschine nach Tijuana fliegen, um Chinesen nach Hause zu holen. Seit dem Wochenende sitzen im Hongkonger "Metropark-Hotel", in dem der Mexikaner abgestiegen war, rund 350 Gäste und Angestellte fest. Ihre Quarantäne soll eine Woche dauern. Auch in anderen Orten Chinas wurden insgesamt 70 Mexikaner isoliert, wie Mexikos Botschafter mitteilte. Keiner seiner isolierten Landsleute zeige Symptome der Krankheit. Die meisten hätten gar keinen Kontakt mit Infizierten gehabt, sagte Jorge Guajardo der Nachrichtenagentur AP. Mexikos Präsident Felipe Calderón warf einigen ungenannten Staaten vor, Mexikaner wegen der Schweinegrippe zu diskriminieren. Sein Land versuche immerhin nicht wie andere zuvor, eine Epidemie zu verheimlichen - ein klarer Seitenhieb gegen China.
Der Fall des mexikanischen Patienten in Hongkong zeigt, wie schwer es ist, eine Infektion rechtzeitig festzustellen: Schanghaier Mediziner hatten die aus Mexiko kommenden 176 Passagiere und 13 Crewmitglieder beim Zwischenstopp am Donnerstag getestet und keine Symptome entdeckt. Mittlerweile suchen die Behörden nach etwa 50 anderen Passagieren.
China werde eng mit der Weltgesundheitsbehörde WHO zusammenarbeiten, versicherte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Die WHO habe versprochen, H1N1-Virus-Proben zu besorgen, damit Chinas Wissenschaftler wie ihre Kollegen in anderen Teilen der Welt einen Impfstoff entwickeln können. Das Gesundheitsamt machte auf seinen Webseiten zunächst Werbung für traditionelle chinesische Medikamente. Nach Kritik von Wissenschaftlern, die ihre Wirksamkeit gegen das Virus bestritten, wurde die Reklame zurückgezogen.
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