Kampf der Netzwerke: Facebook spricht Deutsch
Die amerikanische "Social Networking"-Site Facebook gibt es jetzt auch auf deutsch. Damit ist der Wettstreit mit dem hiesigen Marktführer StudiVZ nun offiziell.
Das Warten hat ein Ende: Wer seine Freundschaften im sozialen Netzwerk Facebook pflegt, kann das ab dieser Woche nun auch in deutscher Sprache tun. Schon mehrmals angekündigt, ist nun unter "facebook.de" die deutsche Version des aktuell "heißesten" US-Anbieters im Bereich "Social Networking" freigeschaltet. Nach einem spanischen Angebot ist Deutschland erst der zweite ausländische Markt, in dem Facebook mit einer eigenen Version auftritt.
Der deutsche Marktführer im Bereich soziale Netze, der Berliner StudiVZ Ltd., reagierte bereits vergangene Woche auf die Pläne von Facebook: Mit dem Ableger "MeinVZ" wurde eine Plattform gestartet, über die sich nun auch User oberhalb des Studentenalters vernetzen können. Durch eine direkte Anbindung an das große Hochschulnetz "StudiVZ" erhofft man sich möglichst schnell viele Nutzer anzuziehen. "MeinVZ" wird gleichzeitig in einer englischen Version angeboten und ist damit das erste Angebot der Tochter des Holtzbrinck-Verlagskonzerns. Die englische Ausgabe soll ausländischen Nutzer den Kontakt zur deutschsprachigen User-Gemeinde erleichtern und laut Angaben der Firma konzentriere man sich auf den deutschsprachigen Markt und wildere erst einmal nicht auf internationalen Märkten.
Facebook bietet dem User eine gemeinsame Plattform an - vom Schüler bis zum Greis. Allerdings existieren auch dort lokale Netzwerke der unterschiedlichsten Art: Vom Wohnort des Nutzers über seine Hochschule bis hin zur Firma. Doch die Marke Facebook bleibt bei einem einheitlichen Auftritt. StudiVZ Ltd. baut dagegen auf verschiedene Netze: "StudiVZ", "MeinVZ" und extra für Schüler das "SchülerVZ". Javier Olivan, seit vergangenem Herbst für das Auslandsgeschäft bei Facebook zuständig, kritisiert im Interview mit "Spiegel Online" solche regionale Netzwerke, wie die von StudiVZ Ltd. angebotenen. Er nennt sie schlicht "unpraktisch".
Man habe bereits jetzt eine Million aktiver Nutzer in den deutschsprachigen Ländern, obwohl diese bislang mit der englischen Version von Facebook hätten arbeiten müssen. StudiVZ kann dagegen, laut Angaben der Firma, allein im Studentenbereich mit fünf Millionen Profilen aufwarten. Und bei den Schülern kommen nochmals zwei Millionen hinzu. Doch Angst vor der Konkurrenz habe Facebook nicht - in jedem Land gäbe es starke Wettbewerber. "Trotzdem stammen heute schon etwas mehr als 60 Prozent der aktiven Facebook-Nutzer aus Staaten außerhalb der USA", so Olivan. Dabei sei mit der spanischen Facebook-Version vor wenigen Wochen zum ersten Mal eine ausländische Variante gestartet. Facebook verfügt über ausreichende finanzielle Mittel, Konkurrenten auszusitzen. Dank eines 240 Millionen-Dollar-Investments von Microsoft wird der Dienst inzwischen selbst im "Web 2.0"-Hype mit einzigartigen 15 Milliarden US-Dollar bewertet.
Noch wirkt das deutschsprachige Facebook ein wenig plump. So wird das berühmteste Kommando der Plattform, "Poke", mit dem man einen anderen Nutzer kurz "anstupsen" kann, plötzlich zum "Anklopfen". Das könnte auch daran liegen, dass der Anbieter sich eine besondere Methode ausgedacht hat, das Angebot in Fremdsprachen zu übertragen: Nutzer können über eine eigene Anwendung selbst zu Übersetzern werden. Existieren mehrere Vorschläge, wird schließlich abgestimmt. Laut Facebook beteiligten sich so über 2000 Nutzer an der Übersetzung, was dem Anbieter sicher auch einiges an Geld gespart hat. Auch andere Versionen der Plattform will man mit dieser Methode schnell "nutzergenerieren". Sparsam gibt sich Facebook auch an anderer Stelle: Eine eigene Filiale wird die Firma in Deutschland nicht eröffnen. Die Steuerung und Kontrolle der neuen Version erfolgt vom Hauptquartier im kalifornischen Palo Alto aus.
Eine der spannendsten Funktionen von Facebook, die so genannten "Apps", mit denen sich die Plattform um unterhaltsame wie sinnlose Funktionen nahezu beliebig erweitern lässt, steht sofort auch in deutscher Sprache zur Verfügung. Laut Olivan will man Programmierern Hilfestellungen geben, wie sie ihre Anwendungen schnellstmöglich in Fremdsprachen übertragen können.
Interessant dürfte werden, wie Facebook seine personalisierten Werbeformen umsetzt. Neuartige Reklamevarianten wie "Beacon", bei denen Nutzer plötzlich ihre Einkäufe bei E-Commerce-Anbietern an ihre Freunde übermitteln, stießen anfangs auf große Skepsis selbst bei in Sachen Datenschutz eher sorglosen Amerikanern. Inzwischen hat Facebook zwar in Sachen Privatsphäre nachgebessert, doch gelten solche Features Datenschützern nach europäischem Recht als leidlich problematisch. Informationen zur hiesigen Vermarktungsstrategie gibt Facebook bislang noch nicht heraus.
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