: Kampf dem Rechner-Infarkt
■ Anne Clark, britische Techno-Musika, nach ihrem Modernes-Konzert im Interview
taz: Anne Clark, hat Dir das Konzert hier in Bremen gefallen? Immerhin ist für fünf Minuten Dein Rechner ausgefallen, von dem Deine Musik so abhängig ist.
Anne Clark: Es war ein guter Gig. Die tausend Zuhörer waren so ruhig und diszipliniert bei der unfreiwilligen Pause.
Aber warum kommen achtzig Prozent Deiner Musik auch bei „Live“-Konzerten von der Diskette? Deine MusikerInnen können doch spielen. Du aber setzt sie ein wie Sequenzer-Sklaven.
Na hör' mal. Du vergißt dabei völlig, daß wir in der Vorbereitungszeit sehr lange und intensiv im Studio gearbeitet haben. Das ist das kreative Moment unserer Arbeit überhaupt. Du behauptest, Computer seien kalte Maschinen. Ich sage, wir hauchen diesen Geräten Leben und Wärme ein. Ich liebe dieses Gefühl.
Du skandierst unablässig Texte, wenn Du auf der Bühne stehst. Mal davon abgesehen, daß Du immer so fürchterlich sozialkritisch bist, warum singst Du eigentlich nicht mal einfach eine Melodie? Das müßtest Du doch hinkriegen mit Deiner Stimme und Deinem aufregenden Croydon-Akzent.
Ich habe das wirklich mal versucht. Da habe ich zusammen mit meinem Keyboarder David Harrows den Titel „In the year 2525“ aufgenommen. Das Ergebnis war fürchterlich. Meine Stimme war einfach nur flach, keine Aufs und Abs, ohne Harmonie. Das habe ich schnell wieder gelassen, ich müßte dafür eine Menge üben.
Auf dem Kontinent bist Du nach Jahren immer noch ausverkauft, in Großbritannien will Dich aber niemand mehr hören.
Das liegt daran, daß ich zuhause nicht mehr viel arbeite. Die letzten acht Jahre habe ich in Norwegen gelebt. Ich komme überhaupt nicht mit den Engländern klar. Die sind oberflächlich, total bigott und haben außerdem fürchterliche Angst vor Kultur. An der Oberfläche sind sie ganz nett, aber wehe, Du bohrst etwas nach.
Na ja. Etwas anderes: Kommst Du wieder nach Bremen?
Ja, aber dann eher mit einem akustischen Konzept und mit Video- und Graphik-Installationen. Jürgen Francke
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