Kalihalde bei Celle: Außen grün, innen gefährlich
Um die Abdeckung der Kalihalde Wathlingen gibt es schon länger Konflikte. Jetzt befürchten Anwohner, dass K+S in der Coronakrise Fakten schafft.
Es ist nicht die einzige Kalihalde in Niedersachsen. Auch in der Region Hannover stehen fünf davon, in der Nähe von Hildesheim eine weitere. Und schon lange gibt es Streit darum, wie mit diesen weißen Bergen umzugehen ist. Umweltschützer befürchten eine Versalzung des Grundwassers.
Der jüngste Plan ist, sie mit Bauschutt oder anderem Material aufzuschütten und zu begrünen. So sieht es der Abfallwirtschaftsplan des Landes vor, gegen den es schon im vergangenen Jahr Protest gab. Im Februar hat der Landtag aber noch einmal mit großer Mehrheit dafür gestimmt, diese Projekte fortzuführen. Sie durchlaufen zum größten Teil noch die notwendigen Genehmigungsverfahren vor Ort.
So auch in Wathlingen bei Celle. Hier läuft das Planfeststellungsverfahren, insbesondere die wasserrechtliche Erlaubnis fehlt noch. Die muss das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) erteilen, im Einvernehmen mit dem Landkreis. Und damit hier nicht die Verwaltung ganz allein entscheidet, hat der Landkreis schon einmal einen Vorbehalt beschlossen – die Kommunalpolitiker möchten zumindest ein Wörtchen mitreden.
Der Recyclingplatz ist schon genehmigt
Eigentlich hätte das Vorhaben nun schon im März auf der Tagesordnung stehen sollen, aber diese Sitzung fiel coronabedingt aus. Die nächste ist erst im Juni und die Anwohner und Umweltschützer, die hier in einer Bürgerinitiative engagiert sind, befürchten, dass bis dahin längst Fakten geschaffen wurden – und sie nicht einmal wirkungsvoll protestieren können.
Schon im letzten Sommer hat sich der Bergbaukonzern K+S nämlich einen riesigen Recyclingplatz neben der Halde genehmigen lassen, auf dem der Bauschutt angeliefert und aufbereitet werden soll.
Gleichzeitig treibt K+S die Flutung des Schachtes bei Wathlingen weiter voran. Erst am vergangenen Montag wurden die überraschten Bürgermeister der drei anliegenden Gemeinden von Konzernvertretern darüber informiert, dass K+S ab Januar hier Salzwässer aus Sehnde und Lehrte einleiten wird. Die werden per LKW gebracht. Mit rund 80 Fahrten pro Tag ist zu rechnen. Bis zu 160.000 Kubikmeter pro Jahr sollen auf diese Art und Weise bis 2050/2060 entsorgt werden.
Die Bürgerinitiative Umwelt Wathlingen (BIUW) ärgert sich nicht nur über die zu erwartende Verkehrsbelastung, denn zu den 80 LKW mit Salzwasser kommen auch noch die Abfalltransporte mit dem Bauschutt – sie bezweifelt auch den Sinn des Vorhabens insgesamt. Und damit ist sie nicht allein. Auch an anderen Kalihalden-Standorten haben sich Proteste formiert.
Der BUND sammelt schon seit Jahren Hinweise darauf, dass die Salzabgabe aus den Halden an das Grundwasser nicht so gering ist, wie K+S behauptet. Er verweist auf ähnliche Fälle im Elsass und in Baden, wo man angefangen habe, die Halden abzubauen und wieder unter Tage zu verfüllen, um die Versalzung des Grundwassers und der Flüsse zu minimieren. Auch Gutachten an verschiedenen Standorten in Niedersachsen deuten auf eine Versalzung hin.
Das Verbringen unter Tage wäre auch eine Lösung, mit der die Bürgerinitiative in Wathlingen liebäugeln würde, aber das geht natürlich nicht, wenn der Schacht schon mit Salzwässern aus anderen stillgelegten Kalibergwerken gefüllt ist.
Daran, dass eine Hülle aus Bauschutt und Oberflächenbegrünung den Salzaustrag aus der Halde wirkungsvoll verhindere, hat man hier ebenfalls erhebliche Zweifel. „Dazu kommt, dass ein weiteres Einsinken der Halde durch das aufgebrachte Gewicht sie noch einmal näher ans Grundwasser bringt“, sagt Holger Müller von der Bürgerinitiative Umwelt Wathlingen (BIUW). Er fragt sich außerdem, ob die hier deponierten Baustoffe dann auch immer so harmlos sind, wie das Umweltministerium gern behauptet.
Aus Sicht von Umweltminister Olaf Lies (SPD) hat das Projekt den Charme, hier zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Die Abdeckung der Halde und die Verwertung mineralischer Abfälle. Für K+S wiederum ist das wirtschaftlich natürlich lohnender als den Abraum beseitigen zu müssen, weil mit der Abfallverwertung Geld eingenommen wird.
Das Unternehmen hat eine lange Erfahrung damit, Proteste auszusitzen: Der Widerstand gegen die Salzwassereinleitungen in Werre und Weser inklusive Gerichtsverfahren begleiten den Konzern auch schon seit dreizehn Jahren.
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