piwik no script img

Kahlschlag in MitteRoland macht Ernst

■ taz-Serie (Teil 8): In der Rosenstraße will der Bauträger Roland Ernst ein Bürohaus errichten / Wird der Denkmalschutz am Ende zweiter Sieger sein?

Zweiunddreißig Häuser wurden seinerzeit – 1895 – abgerissen. Zweiunddreißig Häuser für ein Gebäude: das von Heinrich Kaiser erbaute „Kaufhaus Leipzig“ in der Rosenstraße, Ecke Kaiser- Wilhelm-Straße (heute Karl- Liebknecht-Straße). Nun soll der Rest des „Kaufhaus Leipzig“ in der Rosenstraße 16/17 einem Bürohaus weichen. Der Abrißantrag ist gestellt, der Wettlauf mit der Zeit hat begonnen.

Bauherr an der Rosenstraße ist der Heidelberger Großinvestor Roland Ernst, neben Klingbeil der zur Zeit wohl größte Baulöwe der Hauptstadt. Ernst ist unter anderem am Potsdamer Platz und am Alexanderplatz beteiligt, hat sich die Hackeschen Höfe unter den Nagel gerissen und am Gendarmenmarkt erste Abrißerfahrungen gewonnen. Und Roland Ernst, Begründer der Initiative „Berlin '98 – Investoren für die Hauptstadt“, hat Glück: Als im März dem Denkmalamt Mitte per Gerichtsentscheid untersagt wurde, denkmalwerte Bauten unter Schutz zu stellen, stand die Rosenstraße ganz oben – auf der Liste der Objekte, die des Eintrags noch harrten.

Im Bezirksamt gibt man sich kämpferisch und skeptisch zugleich. „Der Senat muß die Rosenstraße in die Denkmalliste eintragen“, fordert die Leiterin des bezirklichen Denkmalschutzes, Eva-Maria Eichler, von der nun zuständigen oberen Denkmalschutzbehörde bei Senator Hassemer. Ein entsprechendes Schreiben sei bereits verschickt, Antwort freilich habe man bis heute nicht bekommen. Doch die Zeit drängt. Laut Beschluß des Karlsruher Bundesgerichtshofs darf ein Bauantrag künftig nur noch drei Monate auf den Ämtern liegen. „Wenn innerhalb dieser Frist die Rosenstraße nicht in die Denkmalliste eingetragen wird“, sagt Denkmalschützerin Eichler, habe der Bezirk im Grund keine Mittel gegen den Abriß in der Hand. Unterstützung findet Eva-Maria Eichler aber auch aus dem Hause des Stadtentwicklungssenators: Der Leiter der oberen Denkmalschutzbehörde, Jörg Haspel, sicherte dem „Kaufhaus Leipzig“ einen Platz in der Denkmalliste zu, vorausgesetzt, die personelle Kapazität seiner Behörde mache keinen Strich durch die Rechnung. Die Kritik an seiner Behörde, auf die Denkmalschutzanforderung der Bezirke nicht oder zu langsam zu reagieren, wies Haspel freilich zurück. „Normalerweise gibt es in Großstädten einen Denkmalschutzbestand von fünf bis zehn Prozent“, sagte Haspel. „Das kann ja wohl nicht heißen, daß die restlichen neunzig Prozent zur Disposition stehen.“

Haspel forderte in diesem Zusammenhang das Bezirksamt Mitte auf, entsprechende Rahmenbedingungen im Planungsrecht etwa durch Bebauungspläne zu verankern. „Die alte Bausubstanz zu erhalten“, meinte Berlins Denkmalchef, bedürfe einer gewissen Anstrengung und könne nicht nur immer an den Denkmalschutz delegiert werden. Uwe Rada

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen