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Archiv-Artikel

Kämpfer ohne Waffe für die kurdische Sache

Der kurdische Politiker Mehdi Zana gewinnt vor dem Straßburger Menschenrechtsgerichtshof gegen die Türkei

Anfang dieser Woche entschied der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg, dass der kurdische Politiker und Autor Mehdi Zana 1994 von einem türkischen Staatssicherheitsgericht zu Unrecht zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Für Mehdi Zana dürfte weniger die Entschädigungszahlung von 7.500 Euro als vielmehr die moralische Rehabilitierung wichtig sein. „Ich habe nie mit der Waffe, sondern immer nur mit dem Wort für die Rechte der Kurden gekämpft.“ Nach amnesty international und anderen Menschenrechtsorganisationen hat ihm nun das Straßburger Gericht diese Aussage bestätigt.

Mehdi Zana ist einer der bekanntesten kurdischen Aktivisten aus der Türkei. Bevor die PKK, die Kurdische Arbeiterpartei von Abdullah Öcalan, auf der Bildfläche erschien, spielte Zana eine wichtige Rolle in der linken kurdischen Bewegung der Türkei. Der 64-Jährige wurde 1940 in Silvan, einer Kleinstadt in der Nähe von Diyarbakir, geboren.

In den 60er-Jahren war er aktives Mitglied der TIP, der legendären Türkischen Arbeiterpartei, einer der Keimzellen der radikalen Linken der Türkei. Später gründete er die Sozialistische Partei Kurdistans und wurde mit deren Unterstützung 1977 Bürgermeister von Diyarbakir.

Zana war der erste Bürgermeister einer türkischen Großstadt mit überwiegend kurdischer Bevölkerung, der sich als kurdischer Aktivist verstand. Seine Wahl 1977 war die erste große Manifestation kurdischen Aufbegehrens seit Ende der Kurdenaufstände in den 30er-Jahren. Die Machthaber in Ankara betrachteten seine Wahl als Affront und boykottierten die Stadt.

In der zweiten Hälfte der 70er-Jahre revoltierten in der gesamten Türkei linke Bewegungen, die von rechtsradikalen Schlägertrupps gewaltsam bekämpft wurden. Mit einem Putsch stellte das Militär die so genannte Ordnung 1980 wieder her, Zana wurde mit tausenden anderer Aktivisten eingesperrt und zu langjähriger Haft verurteilt.

Über die folgenden elf Jahre im Knast berichtete er in seinem erschütternden Buch „Reise durch die Hölle“. Vier Jahre vor seiner Inhaftierung hatte er die 16 Jahre alte Leyla Zana geheiratet. Als er ins Gefängnis musste, hatten beide einen vierjährigen Sohn und Leyla Zana erwartete die Geburt ihrer Tochter.

Mehdi Zana hat für sein Bekenntnis zu seiner kurdischen Identität und sein politisches Engagement knapp 16 Jahre im Gefängnis verbracht. Mit seiner Frau Leyla, die als erste kurdische Frau 1994 ins Parlament gewählt und wenig später verhaftet und verurteilt wurde, ist Mehdi Zana der bekannteste kurdische Aktivist, der nie zur Waffe gegriffen hat. Er lebt seit 1996 in Schweden, hat aber erklärt, er überlege, da sich die Situation für Kurden verbessert habe, nach Diyarbakir zurückzugehen. Gegen Leyla Zana läuft seit einem Jahr ein Wiederaufnahmeverfahren zur Überprüfung ihrer Verurteilung 1995. Am 21. April soll ein neues Urteil verkündet werden. JÜRGEN GOTTSCHLICH