Kämpfe im Jemen: Um die 100 Tote in wenigen Tagen
In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa mündet der Konflikt zwischen schiitischen Rebellen und sunnitischen Regierungsanhängern in blutige Gefechte.
SANAA dpa/ap | Die Kämpfe zwischen schiitischen Huthi-Rebellen und der Armee in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa sind den zweiten Tag in Folge eskaliert. Beide Seiten beschossen sich am Freitag mit schweren Waffen rund um das Hauptgebäude des staatlichen Fernsehens, wie Mitarbeiter des TV-Senders mitteilten. Bereits am Donnerstagabend waren dort mindestens zwei Wachmänner getötet worden. Auch in anderen Stadtteilen Sanaas kam es zu heftigen Zusammenstößen.
Zwischen Huthis und der Armee brechen in Sanaa seit zwei Wochen immer wieder blutige Kämpfe aus. Dabei starben in den vergangenen Tagen laut der Internetseite Mareb Press mehr als 75 Menschen. Krankenhäuser gaben die Zahl der Toten dagegen mit 120 an. Tausende Menschen ergriffen die Flucht. Der größte Flughafen des Landes wurde faktisch geschlossen: Nach Angaben der Flugaufsicht strichen die meisten ausländischen Fluggesellschaften wegen der unsicheren Lage ihre Flüge nach Sanaa.
Geflohene Einwohner aus dem Norden der Hauptstadt berichten von einer sehr angespannten Lage. Jemens Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi warf den Huthis vor, sie wollten den Staat zum Zusammenbruch bringen.
Die schiitischen Rebellen fordern den Rücktritt der Regierung und die Senkung der Treibstoffpreise. Zudem streben sie mehr Unabhängigkeit für ihre Gebiete im Norden des Landes an. Sie hatten in den vergangenen Monaten ihre Kontrolle immer weiter Richtung Hauptstadt ausgedehnt. Ihre Anhänger errichteten in Sanaa mehrere Protestlager.
Schließlich gerieten die schiitischen Rebellen jedoch mit sunnitischen Fundamentalisten aneinander, die mit der Regierungspartei Islah verbündet sind. Die Regierung wirft den Rebellen vor, sie wollten mit Hilfe des Irans einen schiitischen Staat errichten.
Seit 2010 im Kampf
Die Rebellen nahmen in Sanaa am Donnerstagabend zudem zwei Kontrollpunkte des Militärs ein. Einer davon liegt in der Nähe des Flughafens, weswegen der Luftverkehr zum Erliegen kam, wie jemenitische Medien berichteten. Wegen der Kämpfe am TV-Gebäude musste das staatliche Fernsehen seine Übertragung vorübergehend unterbrechen. Auch das Internet fiel in Sanaa über Stunden aus.
Das staatliche Fernsehen berichtete, die Rebellen hätten das TV-Gebäude in Sanaa am späten Donnerstagabend angegriffen. Ein Huthi-Sprecher sagte dagegen, die schiitischen Kämpfer hätten sich gegen Mörserfeuer „der anderen Seite“ verteidigt.
Auch in anderen Regionen des armen Landes im Süden der arabischen Halbinsel brechen immer wieder Kämpfe zwischen Huthis und der Armee aus. Der UN-Gesandte Dschamal Benomar bemüht sich seit einigen Tagen, ein Abkommen zwischen Regierung und Rebellen zu vermitteln. Der Jemen leidet seit langem unter politischen Wirren. Die Huthis hatten sechs Jahre lang bis 2010 gegen den früheren Präsidenten Ali Abdullah Saleh gekämpft.
Gleichzeitig ist im Süden des bitterarmen Jemen ein Ableger des sunnitischen Terrornetzwerks Al-Qaida aktiv, der die Kontrolle in mehreren Städten an sich zu reißen versucht. Auch gibt es im Süden eine Separatistenbewegung.
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