: Kabinettskollegen lassen Eichel auflaufen
Seit sich Kanzler Schröder vom Sparziel verabschiedet hat, schwindet die Autorität des Finanzministers rapide
BERLIN dpa/taz ■ Jetzt müssen die Jungen ran, um den Bundesetat 2004 zu retten. Einer der jüngsten Mitglieder des Bundestages hat „mehr Kabinettsdisziplin“ beim Sparkurs gefordert. Es könne nicht funktionieren, dass immer weniger junge Menschen den wachsenden Schuldenberg einer alternden Gesellschaft abtragen müssten, sagte Carsten Schneider (SPD).
Schneider, Mitglied des Haushaltsausschusses und ganze 27 Jahre alt, muss den Sparkommissar spielen, weil Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) bei den laufenden Etatverhandlungen offenbar über zu wenig Autorität bei seinen Kabinettskollegen verfügt, um Sparziele durchzusetzen. Ulla Schmidt zum Beispiel, Ministerin für Gesundheit und Soziales und Etatkrösus unter den rot-grünen Ministern, erklärte larmoyant: „In meinem Bereich gibt es da relativ wenig, was frei verfügbar ist, denn die Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung sind klar definiert.“ Allein der von Schmidt verwaltete Rentenzuschuss des Bundes beträgt 77 Milliarden Euro.
Schmidt forderte Eichel gar auf, er möge bei ihr konkrete Einsparziele benennen – und bot an: „Wir gucken bei uns auch.“ Ähnlich wie Schmidt hatte Eichel auch bei Wirtschaftsminister Clement wenig Entgegenkommen gefunden. Die Situation für Eichel hat sich verschärft, weil der Bundeskanzler das Einhalten der so genannten Maastricht-Schuldengrenze für das Jahr 2004 für nicht so wichtig erklärt hatte. Nun wird es für Eichel schwer, im Kabinett Einsparvolumen von rund 15 Milliarden Euro einzutreiben.
In der Koalition wird offen über Eichels Rücktritt spekuliert. „Wenn es ihm nicht gelingt, einen verfassungsmäßigen Haushaltsentwurf für 2004 vorzulegen, muss er gehen“, zitierte die FAZ am Sonntag einen Haushaltspolitiker.
Der junge Abgeordnete Schneider forderte indessen völlig neue Prioritäten. Fast zwei Drittel des Bundeshaushaltes würden heute für Renten, Zinszahlungen, Arbeitsmarkt und Soziales ausgegeben – Ausgaben, die oft nicht in die Zukunft gerichtet seien. In der Haushaltspolitik müssten aber „Zukunftsinvestitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur Priorität haben“.
CDU-Chefin Angela Merkel verlangte von Rot-Grün, die Maastricht-Grenze unbedingt einzuhalten. Ihr Haushaltsexperte im Bundestag, Dietrich Austermann, schätzte, die Regierung müsse gar 25 Milliarden Euro einsparen, um grundgesetzkonform zu bleiben. CIF