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Kabinett verzögert die Müll-Wende

Bonn (ap/taz) — Die Bundesregierung schiebt den wachsenden Müllberg weiter vor sich her. Gestern verabschiedete das Kabinett nach längerem Tauziehen mit Handel und Industrie die von Bundesumweltminister Klaus Töpfer vorgelegte Verpackungsveordnung. Gleichzeitig wurden die Termine für das Inkrafttreten des Regelwerkes aber zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres nach hinten verschoben. Vorausgesetzt der Bundesrat stimmt der Verordnung zu, sollen die Käufer ab 1. Januar 1993 (statt ursprünglich 1. Januar 1992) die Verpackungen von Konsumgütern im Laden zurücklassen können. Vom selben Termin an soll ferner ein Pfand von 50 Pfennig auf Einwegflaschen für Getränke sowie auf Waschpulverkartons und Behälter mit Reinigungsmitteln und Dispersionsfarben erhoben werden. Die Wirtschaft kann diese Maßnahmen allerdings vermeiden, wenn sie in eigenen Systemen ab 1993 mindestens 50 Prozent und ab 1995 mindestens 80 Prozent aller Verpackungen zurückholt.

Die Verordnung sieht außerdem vor, daß Hersteller und Vertreiber sogenannter Transportverpackungen bereits ab 1. Dezember 1991 (ursprünglich 1. Dezember 1990) zurücknehmen und verwerten müssen. Ab 1. April 1992 (ursprünglich 1. Dezember 1990) darf der Käufer sogenannte Umverpackungen im Geschäft zurücklassen. Dabei handelt es sich um Verpackungen, die den Ladendiebstahl verhindern oder Werbezwecke erfüllen. Töpfer lobte die Verordnung überschwenglich als „Abkehr von der Wegwerfgesellschaft“. Zu den zeitlichen Verschiebungen sagte er nichts. Töpfer verspricht sich von der Verordnung eine Mobilisierung des Einzelhandels gegen die Verpackungshersteller. Dies solle den Müll-Anfall um fast die Hälfte auf sechs bis acht Millionen Tonnen jährlich verringern.

SPD-Umweltsprecher Harald B. Schäfer kritisierte, daß die Verordnung nicht klar genug der Müll-Vermeidung vor dem Recycling den Vorrang gebe. Auch das vom Sachverständigenrat verlangte PVC-Verbot bei Verpackungen habe Töpfer umgangen.

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