KUNSTRUNDGANG : Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um
Die besten Ausstellungen verstecken sich oft an den unmöglichsten Orten. Diese Woche hat sich die Kunst als abgelegenen Landeplatz ein kleines Atelier im Gartenhaus eines Wohnkomplexes in Mittes Ackerstraße ausgesucht. Alexander Koch, Nikolaus Oberhuber und Jocelyn Wolff (zusammen KOW) haben hier eine Art Testballon steigen lassen, nachdem sich die Fertigstellung ihrer neuen Galerieräume in der benachbarten Brunnenstraße nun schon eine Weile verzögert. Und dieser Testballon lässt hoffen. Der junge Detroiter Künstler Michael Edward Smith hat hier mit einfachsten Mitteln eine beklemmende Installation geschaffen: Er hat Bündel geschnürt, die wie das liegen gebliebene Gepäck eines Landstreichers wirken, oder ein rundes Element mit Tüchern verpackt, deren Knüpftechnik Assoziationen zu den Bandana-Kopfbedeckungen amerikanischer Gangkultur wecken. Minimalste Mittel treffen auf ein seltsames, beinahe unangenehmes Körpergefühl, scheinbare Abstraktion auf konkrete Signifikation, die direkt auf die Missstände unter dem dünnen Firnis der amerikanischen Mainstreamkultur verweisen.
Mit ganz anderen Missständen hat Herbert Volkmann in der Galerie Volker Diehl zu kämpfen. Seine Bilder und Collagen sind nicht weit entfernt vom Revolutionsfuror seines Freundes Jonathan Meese und tragen schon mal Titel wie „Wollt ihr die totale Kunst?“. Das Ganze hat Volkmann zusammengefasst unter „Die Morphinisten“ und folglich ist das bestimmende Gestaltungselement die Spritze. Hier finden sich unzählige Köpfe, gespickt mit mal blutverklebten, mal sauberen spitzen Injektionsgeräten. Das muss man nicht mögen, aber beeindruckend ist es allemal. Wo Smith mit fast schon dezenten Mitteln Beklemmung zu evozieren imstande ist, regiert das Abgründige hier eher in Form wüster, schweißüberzogener Albträume.
Michael Edward Smith, am 29. Oktober und 5. November, 18–21 Uhr, Ackerstr. 18
Herbert Volkmann: Die Morphinisten, bis 6. Dezember, Di.–Sa. 11–18 Uhr, Galerie Volker Diehl, Lindenstr. 35