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MARCUS WOELLER
Vor und nach der Explosion ist Carsten Nicolais Installation mit dem prosaischen Titel „334 m/s“ eine besinnliche Arbeit. Den ersten Knall nimmt man eher erschrocken wahr, wie er einem unvermittelt in die Glieder fährt. Auf den nächsten muss man dann warten. Ganz schön lange warten. Aber währenddessen lässt sich in Ruhe beobachten, wie präzise Nicolai aus Plexiglasrohren, Propangasflaschen, Brennern und Zündern eine Apparatur aufgebaut hat, die gleichermaßen physikalisches Laboratorium und künstlerische Skulptur ist, und horchen, wie langsam das Gas einströmt. Der Knall, der dann mit 334 Meter pro Sekunde, also Schallgeschwindigkeit, durch den riesigen Saal rast, will so gar nicht zu den beiden blauen Flammen passen, die noch beinah im Schneckentempo durch die Rohre kriechen, als der Hall schon wieder verklungen ist. Die Gruppenausstellung „Analog“ will dem Verhältnis von Sehen und Hören auf die Schliche kommen und dem menschlichen Bedürfnis, beide Sinne zu koppeln. Ignacio Uriartes großformatige Schraffur roter und schwarzer Zeichen auf Papier scheint zunächst keine akustische Qualität zu haben. Erst wenn man die Blätter aus der Nähe untersucht, wird deutlich, dass hier eine alte Schreibmaschine ihre Spuren hinterlassen hat. Das könnte so ähnlich geklungen haben wie die benachbarte Stereoaufnahme, die über Kopfhörer angehört werden kann. Hier wogt das charakteristische Schreibmaschinenstakkato von links und rechts heran und manifestiert vor dem geistigen Auge ein audiovisuelles Bild, das plötzlich ganz ähnlich aussieht wie die Zeichnung nebenan. Mit weiteren Arbeiten von Bruce Nauman, Gilberto Zorio, Jannis Kounellis oder Max Neuhaus gelingt der Galerie Blain Southern mit der Schau ein schönes Klangkunstexperiment. (Potsdamer Str. 77–87, bis 1. Februar 2014, Di.–Sa., 11–18 Uhr, feiertags geschlossen)
Max Hetzler probiert in seinen neuen Galerieräumen in Charlottenburg die Wiederentdeckung einer Nachkriegsavantgardistin. Joan Mitchell hatte 1951 zwar mit Pollock, de Kooning, Rothko, Motherwell und Co. an der berühmten 9th Street Art Exhibition teilgenommen und gehört damit zur New York School des Abstrakten Expressionismus. Doch so bekannt wie ihre männlichen Kollegen wurde sie nie. Die Werkschau aus dem Nachlass der 1992 gestorbenen Mitchell würdigt sie als hoch emotionale Malerin, die in ihren Gemälden persönliche Krisensituationen ebenso konsequent gestisch verarbeitet wie das Landschaftsstudium in der französischen Provinz. (Bleibtreustr. 45, bis 18. Januar 2014, Di.–Sa., 11–18 Uhr, 24. 12. bis 1. 1. geschlossen)