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Archiv-Artikel

KULINARISCHE KURIOSITÄTEN AUS DER EUROPAKANTINE Señor Alabarts Weinkarte

von Daniela Weingärtner

NEBENSACHEN AUS BRÜSSEL

Geht die Liebe zu Europa durch den Magen? Der ehemalige rheinland-pfälzische Weinbauminister und langjährige EU-Abgeordnete Werner Langen meint: Ja. Er hat in den Abgeordnetenrestaurants in Straßburg und Brüssel die Weinkarten studiert und entsetzt festgestellt, dass nur ein einziger deutscher Rotwein vertreten ist, aber 32 französische Sorten. Weder der Lieblingstropfen von Konrad Adenauer noch der von Winston Churchill – beide Liebhaber deutscher Weine – ist zu haben.

Leider hat sich der Weingeschmack dieser beiden Herren nicht stilbildend auf Europas Eliten ausgewirkt. Im Straßburger Abgeordnetenrestaurant wurde in diesem Jahr keine einzige Flasche deutscher Rotwein verkauft. Sekt und deutscher Weißwein übrigens auch nicht.

Nicht nur die Liebe geht durch den Magen, sondern auch die Politik – das wissen wir spätestens, seit Sir Paul McCartney Anfang des Monats Brüssel einen Besuch abstatte. Der Ex-Beatle wirbt für den fleischfreien Montag, da weniger Kühe weniger furzen und so das Klima geschont wird. McCartney kam zwar an einem Donnerstag, doch im Abgeordnetenrestaurant standen dennoch einige fleischfreie Gerichte auf der Speisekarte, wie die Pressestelle stolz vermeldete.

Für den spanischen EU-Beamten Gonzalo Alabart, der für die Restaurants in Straßburg und Brüssel die Einkaufsliste zusammenstellt, war McCartneys Besuch nur eine vorübergehende logistische Herausforderung. Doch nun muss er die Weinkarte dauerhaft und nachhaltig europäisch ausrichten. Sparsam wirtschaften soll Alabart aber auch, und das ist bei einem Restaurant, das nur drei Tage im Monat zur Straßburger Plenarsitzung geöffnet hat, gar nicht so einfach. Da werden Ladenhüter noch schneller korkig als anderswo.

Im Abgeordnetenrestaurant in Brüssel wird immerhin zwölf Tage im Monat serviert und ausgeschenkt. Doch auch hier will niemand deutsche Weine trinken. Dennoch soll sich Europas Vielfalt in Zukunft auf der Weinkarte abbilden. Bald werden deutsche Ladenhüter, saure Tropfen aus Belgien, vom Klimawandel profitierende britische Lagen und Fruchtweine aus Polen zu haben sein. Wenn sich die Regierungschefs nur durchringen könnten, den Tagungsort Straßburg abzuschaffen. Dann müsste sich Señor Alabart nur noch um die Warenströme in Brüssel kümmern – die würden dann immerhin fünfzehn Tage im Monat verlässlich fließen.