KOPFTUCH IN DER SCHULE: FRANKREICH WEIST DEN RICHTIGEN WEG : Deutscher Kulturkampf ist sinnlos
Weder Kopftuch noch Kreuz oder Kippa in französischen Schulen: Die Empfehlung der Expertenkommission an den Präsidenten Jaques Chirac ist konsequent und der aufklärerischen Tradition Frankreichs, der Trennung von Kirche und Staat, verpflichtet. Auch wenn der Verweis kopftuchtragender Mächen aus dem Unterricht in französischen Schulen brutal wirkt.
In Deutschland tobt der Kulturkampf derweilen weiter allein ums Kopftuch. Namhafte Frauen sprechen sich fürs Tuch aus, andere dagegen. Es werden die immergleichen Argumente ausgetauscht: gegen das reaktionäre Stück Stoff, hinter dem der Fundamentalismus lauert, und für mehr Toleranz und Gelassenheit. Dem Kopftuch wird eine andere religiöse Bedeutung als dem Kreuz am Hals zugesprochen. Christliche Würdenträger befürworten das Kopftuch der muslimischen Lehrerin, um dem Bedeutungsverlust der eigenen Religion vorzubeugen.
Die Diskussion lenkt vom eigentlichen Auftrag ab, den das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber mit seinem Kopftuchurteil erteilt hat: Wie will die Gesellschaft mit religiösen Symbolen in der Schule umgehen, auf der Grundlage des Gebots der Gleichbehandlung aller Religionen? Das Kopftuch ist ein religiöses Symbol wie Kreuz und Kippa. Und vieles spricht dafür, dass religiöse Symbole, die immer auch Bekenntnisse sind, in der staatlichen Schule außen vor bleiben sollten, bei den öffentlichen Gesinnungsträgern, den Lehrern.
Die Diskussion ums Kopftuch lenkt ab von den ureigenen Interessen der Kirchen an dieser Debatte und all derjenigen, die eine christliche Leitkultur als naturwüchsig sehen. Sie lenkt ab von der wesentlichen Frage, nämlich was mit Neutralität der Schule gemeint ist und wie diese in einer Einwanderergesellschaft ausgestaltet werden muss. Ist der Religionsuntericht in staatlichen Schulen noch zeitgemäß, oder brauchen wir für die Schule mit ihrem größer werdenen Migrantenanteil eine fundierte, nichtkonfessionelle religionswissenschaftliche Ausbildung? Darüber sollte endlich gesprochen werden. EDITH KRESTA