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KOMMENTAREZombie-Tanz oder Demokratie

■ Richtige und falsche Konflikte auf dem Grünen-Parteitag

Nur einer organisierten ökologischen und feministischen Linken in einem stabilen Widerstandsmilieu wird es gelingen, noch politische Veränderungen durchzusetzen.“ Das ist ein Zitat eines Antrags der „ökologischen Linken“ für die Bundesversammlung. „Stabiles Widerstandsmilieu“ — noch nie wurde so offen für den ideologischen Bunker plädiert. Auch Jutta Ditfurth warnt wieder, wovor sie immer warnte: vor dem „korrupten Anpassungskurs“ und dem „Durchmarsch der Realos“. Natürlich kann es sein, daß die Grünen am Wochenende aus Angst vor der Zukunft in die Misere der Vergangenheit flüchten; es kann in Neumünster zur Freude aller Nekrophilen ein Zombie- und Lemuren-Ballett geben — fest steht gleichwohl: es geht ums Überleben. Der alte Konflikt ist so tot, wie er nur sein kann, denn der antidemokratische Fundamentalismus hat nur noch einen Platz im politischen Nichts: links von der PDS.

Das wirkliche Problem auf dem Parteitag in Neumünster ist anders. Die Kandidatur von Antje Vollmer und Hubert Kleinert ist von der politischen Idee getragen, daß der ökologische Gedanke auf eine Vorstellung erweiterter und moderner Demokratie zielt. Und zweitens: daß die politische Versöhnung mit der Bürgerrechtsbewegung aus der Ex-DDR, die sich explizit nicht als eine linke Bewegung definiert, die Partei dieser Demokratievorstellung nahebringen kann. Hier aber liegt das wirkliche Problem: die Abgeordneten und Vertreter des Wahlbündnis 90 haben sich — westlich gesprochen — „durchgepowert“ und ihren Anspruch auf einen SprecherInnenposten reklamiert. Das allein wäre kein Problem. Daß sie das fragile personalpolitische Spiel der Partei am Abgrund durcheinanderbringen, wäre für sich auch nicht zu kritisieren. Schlimm ist der Geist, der dahintersteht. Die ostdeutschen PolitikerInnen — beherrscht von dem niederschmetternden Milieudruck der Bonner Politik — fühlen sich inzwischen als Exponenten einer Betroffenenorganisation Ost. So treten sie auf und fordern. Inzwischen herrscht das Argument, wenn uns schon der Kapitalismus schlägt, sollten die Grünen wenigstens... Das ist vielleicht verständlich. Aber diese Betroffenenhaltung ist ein Rückfall hinter die osteuropäische Demokratiebewegung. Diese Haltung der Ostdeutschen bringt keinen demokratischen Impulse, sondern den Rückschritt zur Betroffenenpartei. Aber damit wäre auch die innerparteiliche Demokratie, die die grüne Funktionärsorganisation jetzt braucht, wieder in weite Ferne gerückt. Klaus Hartung

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