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KOMMENTAREArgumente... tutti frutti!

■ Oder wie man das Ausländerproblem lösen könnte

Ach, bei Ihnen sieht man doch gar nicht, daß Sie Ausländer sind. Man würde Sie glatt für einen Franzosen oder so halten...“ Schöner Trost und Glück gehabt, zumindest bis ich erwischt werde! Warum eigentlich dieser Haß?

Sicher, die mangelnde „Übung“ im Umgang mit Ausländern in der ehemaligen DDR spielt auch eine Rolle, aber Übung macht ja den Meister, und man ist fleißig dabei. Dazu kommen die psychologischen Belastungen des Einigungsprozesses, die Arbeitslosigkeit im Osten, die Existenzbedrohung, die Trostlosigkeit der real existierenden Plattenbausiedlungen, 45 Jahre SED-Regime oder enttäuschte Erwartungen nach den tollen Wahlversprechen... O.K.! Aber was kann, verdammt noch mal, ein Schwarzer dafür, daß die Ossis nicht alles und sofort haben können, wie es offenbar mancher angenommen hat? Nein, da muß dringend etwas dagegen getan werden.

Die Sportler haben damit schon angefangen. Wußten Sie, daß Asylbewerber und Ausländer zu einigen Sportveranstaltungen freien Eintritt haben? Doch! Doch! Sie sind herzlich eingeladen. Der Sport ist ja nur als internationale Bewegung denkbar, an wem sollte man sich sonst messen, wenn es keine Ausländer gäbe? Na bitte! Ausländer rein! Nur so kann man an die Wurzeln jener Ausländerfeindlichkeit gehen. Übrigens, eines sollte klar sein: „In absehbarer Zeit hätte keine deutsche Stadt je eine Chance, Olympische Spiele zu erleben, wenn die Ausländerfeindlichkeit anhält.“ Das Internationale Olympische Komitee erteilt in seiner Besetzung jeder rassistischen Welle eine klare Absage! Toll, wa!? Mehr noch, die Deutschen, die Ausländer angreifen, schaden dem Bild Deutschlands im Ausland, von dem der deutsche Export — sprich der deutsche Wohlstand — ja abhängt. Es wird schließlich nichts geschenkt. Dies gilt auch für das Inland, wer würde jetzt in Hoyerswerda oder in Hünxe investieren? Seid doch vernünftig! Gut, übertreiben sollte man nicht, Deutschland ist und kann schließlich kein Einwanderungsland sein. Wir können doch nicht die ganze Misere der Welt bei uns aufnehmen. Es gibt irgendwo Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen, eine Toleranzschwelle, ansonsten explodiert es. Alle Deutschen können nicht über einen Kamm geschoren werden, es sind nicht alle Deutschen Rassisten, schließlich waren in Hoyerswerda nur 25 Prozent gegen Ausländer, „höchstens“! Außerdem, es ist ja im Interesse der Ausländer selbst, evakuiert zu werden, sonst riskieren sie ihr Leben. — Nanu, muß man damit rechnen, in bestimmten Orten der vereinigten Republik auf Schilder zu stoßen mit der Aufschrift: „Achtung, ausländergefährliche Gemeinde. (Ausländische) Eltern haften für ihre (ausländischen) Kinder!“? Ist das denn die Lösung?

So abwegig scheint es nicht mehr zu sein. In Berlin-Dahlem sammelt eine „Bürgerinitiative zur Verhütung des Rechtsextremismus“ (!) fleißig Unterschriften, um eine Verlegung der in ihrem Viertel „lebenden“ Flüchtlinge zu erwirken. Ihre Argumente? Asylbewerber ziehen rechtsextreme Aktivitäten nach sich. Gibt es keine Ausländer, haben wir keinen Ausländerhaß, und der Ruf ist gewahrt! Klar? Wo bleibt eigentlich Vater Staat? Ach, der kennt die Angreifer nicht? Vielleicht könnte dann Aktenzeichen XY ungelöst helfen?

Schlechte Zeiten für Ausländer und auch für diejenigen Personen, Gruppen, Verbände u.a., die wie die IG Medien die Einführung des kommunalen Wahlrechts für Ausländer befürworten. Schön wär's. Stellt Euch vor: (fast) volles Wahlrecht auch für die anderen Menschen dieses unseres Landes! Wetten, daß das Interesse der Politiker für „unsere ausländischen Brüder und Geschwister“ dann gewaltig wachsen würde? Mohamed Tilmatine

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