KOMMENTARE: Auf dem Holzweg
■ Die GEW wehrt sich zu Recht gegen Senatswillkür
Geärgert hat sich jeder einmal über die Faulpelze in den Amtsstuben, bei denen es ab der Mittagspause so scheint, als habe die Feierabendglocke schon geläutet und keiner mehr am Platz erreichbar ist. Aber käme jemand auf den Gedanken, die Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen Dienst in Frage zu stellen? Bauarbeiter, die mit der Bierflasche in der Hand angestrengt in leere Gruben starren und wohl hoffen, die Arbeit möge sich allein tun, kennt ebenfalls jeder. Wo bleibt der Ruf nach Arbeitszeitverlängerung? Anders bei den Lehrern. Bei den offenbar vom Senat als Faulpelze der Nation geouteten Pädagogen soll eine solche Arbeitszeitverlängerung per Dekret möglich sein. Als verkehrte Welt mutet es an, wenn der Dienstherr auch noch mit Zwangsgeldern den Protest gegen das freche Ansinnen unterbinden will. Doch die CDU, die weiß, daß die Lehrer kaum zu ihrer eingeschworenen Wahlklientel gehören, hat sich die Zielgruppe gut ausgesucht, an der sie ihr Sparexempel statuieren will. Keine Berufsgruppe — außer der der Fußballtrainer, wo auch jeder Glotzenkonsument sich als der wahre Bundestrainer wähnt — eignet sich so gut zum Prügelknaben. Jeder hat schließlich die Schule und die Pauker erleiden müssen. Etwas zu dem wenig schmeichelhaften Bild haben aber sicherlich auch jene Lehrer beigetragen, die im privaten Kreis mit ihrem lockeren Leben prahlen. Deshalb muß sich die Gewerkschaft auch fragen lassen, ob es nicht unterschiedliche Belastungen, je nach Schultyp und Fächerkatalog gibt, anstatt jeden Lehrer zum Hochleistungsmalocher zu stilisieren. Angemessen aber bleibt der Widerstand der GEW allemal. Um so mehr, als der Schulsenator das angebliche Einsparziel bei einem jetzt schon rechnerischen Überhang von 2.000 Stellen kaum plausibel machen kann. Was bleibt, ist billiger Populismus, der sozialen Neid schürt. So kann man zwar Stimmung machen, auf dem Holzweg bleibt Herr Klemann dennoch. Gerd Nowakowski
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen