KOMMENTAR: Bremer Schlüssel
■ Weltläufige Kultur hinter niedlichen Vorgärten
Jahrhundertelang sahen Bremer Kaufleute ihre Stadt gerne als Schlüssel zur Welt. Mit dem Hafen und seinen Beziehungen rund um den Globus erschloß sich ihnen nicht nur der Reichtum ausgeplünderter Kolonien und die lukrative Handelspartnerschaft in ausländische Märkte, sondern auch das gute Gefühl, am kulturellen Leben der Welt teilzuhaben. In einer Zeit, in der das unbekannte Ferne jeden Abend vertraut über die heimatliche Mattscheibe flimmert und der Überseehandel vorwiegend auf Schiffen abgewickelt wird, die die seichte Weser nicht mehr hinauf kommen, muß sich Bremer Weltläufigkeit einen neuen Raum suchen: das Museum.
Mit den zwei Schlüsseln eines großen Ausstellungsortes für Paula Becker-Modersohn in der Böttcherstraße und den letzten Schreien zeitgenössischer Kunst auf der Weserinsel könnte sich Bremen ab 1990 ein Stückchen Welt zurückholen.
Doch direkt vor der Museumstür ist es mit der neuen Weltläufigkeit schon wieder vorbei. Wer dort dann den Blick über den Teerhof schweifen läßt, verfängt sich schnell in den niedlichen Vorgärten von Maisonette-Wohnungen.
Dirk Asendorpf
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