KOMMENTAR: Einheitliches soziales Netz
■ Die Sozialpolitik drängt zur deutschen Neu-Vereinigung
Der Zusammenbruch des realsozialistischen eisernen Vorhangs beschert der bundesdeutschen Wohlstands-Gesellschaft einen multikulturellen Flüchtlingsstrom, aber anders als die BefürworterInnen kultureller Vielfalt sich das gewünscht haben. Jede Arbeitslose in der DDR ist dumm, wenn sie nicht die Arbeitslosen-Hilfe auf West-Niveau in Anspruch nimmt. Je komfortabler und sozialer der Wohnungsbau für die Aus- und Übersiedler hierzulande, desto mehr kommen nach.
Der Abbau sozialer Hilfen für die Flüchtlinge kann den Strom eindämmen, nicht bremsen. Und selbst wenn das Vertriebenengesetz abgeschafft ist, wenn es keine „Notunterkünfte“ mehr gibt, werden sich weiter die Leute aus der DDR auf die Stellen hier bewerben – mit hoher Arbeitsmotivation und erheblich geringeren Lohnansprüchen. Wer gegen den Übersiedlerstrom nicht vom Westen her die Mauer wieder auftürmen will, der muß wenigstens die schnellstmögliche Wirtschafts- und Sozialeinheit mit der DDR wollen. Die „Linke“ muß sehr schnell umdenken, denn dieses Drängen sozialer Interessen zu „nationalen“ Lösungen ist eine gefährliche Mischung, wenn die sozial Schwachen nur rechts Antworten finden.
Klaus Wolschner
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