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KOMMENTARPseudomoral

■ Aktuelle Stunde zum Vermögen der Ex-DDR-Parteien

Die Auseinandersetzung um die PDS-Gelder zeigt interessante Züge. Da gibt es von einem Tag auf den anderen Wertsteigerungen um hundert Prozent, von 2 Milliarden am Montag (Gysi) auf 4 Milliarden am Dienstag (Brie). Kein Wunder, daß bei solchen Wertsteigerungsraten den anderen Parteien das Wasser im Munde zusammenläuft. Aber gleichwohl geht es bei dem PDS- Vermögen um mehr als um Geld. Es geht darum, daß die DDR-Geschichte zum Thema der parlamentarischen Debatte wird, und es geht darum, wie die PDS tatsächlich die Ansprüche demokratischer Kontrolle annimmt. Daß die Partei einer Wand von Empörung, Verachtung und auch Selbstgerechtigkeit gegenüber steht, ist eine Tatsache. Aber die PDS ist nicht nur durch die Vereinigung zum Bundestag gekommen, sondern auch der Bundestag zur PDS.

Die aktuelle Stunde hat weder gezeigt, daß der Bundestag mit der Geschichte der DDR umgehen kann, noch daß er plausibel demokratische Ansprüche darzustellen weiß. Die Routinepolemik von Mathäus-Meier — jenes Geben-Sie-die-Milliarden-dem-Volk-zurück — hat nichts mit politischer Auseinandersetzung zu tun. Es ist schwachsinnig, die Hoffnung zu erwecken, mit einer PDS- Enteignung die DDR-Wirtschaft sanieren zu können. CDU-Generalsekretär Rühe hatte gewiß noch nie ein Verhältnis zur sprachlichen Kultur. Wenn er aber von dem „Krebsgeschwür“ PDS spricht, sollte er doch immherin bedenken, daß Deutschland noch längst kein einheitlicher Körper ist. Schon Lambsdorff hat auf die Chuzpe der PDS mit Unverfrorenheit reagiert. Jetzt polemisiert mit Rühl das Karzinom gegen das Krebsgeschwür. Denn es ist einfach unglaublich, die PDS als Milliardengrab anzuklagen und zu behaupten, die CDU- Ost habe nur 1,5 Millionen Mark als Vermögen. Das provoziert schon der Augenschein. Allein Ullmann für das Wahlbündnis 90 war in der Lage, eine Rede mit Anstand zu halten. Und das lag ganz offensichtlich daran, daß sein Interesse an einer demokratischen Besinnung dieser Partei wie auch seine Empörung über ihre Praktiken sich die Wage halten. Er war es auch, der die allgemeine Unglaubwürdigkeit der Parteien in dieser Nachlaß- Frage der DDR aufwarf.

In der Tat bleibt die Polemik gegen Gysi solange zweifelhaft, solange einer der wichtigsten Geldschieber der ehemaligen DDR, Schalck-Golodkowski, am Tegernsee einen sonnigen Lebens- Herbst genießen darf. Aber ob ein Ullmann allein die Kultur des Bundestages zum Besseren beeinflussen kann, steht dahin. Klaus Hartung

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